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Karl Stoegmann.
Burgo’s frühere
Verhältnisse und
sein Charakter.
mürrisch und hart geworden, hatte sich nach Salzburg zurück
gezogen; die ganze Zeit, voll Abfall und Aufruhr, widerte ihn an. Cles,
ein Mann in den besten Jahren, voll staatsmännischen Tactes und
persönlicher Liebenswürdigkeit, dem Erzherzog schon früher ange
nehm, errang nun die Stellung eines fast allvermögenden Ministers.
Damit gewinnen ßurgo’s Briefe eine weit grössere Bedeutung.
Statt vereinzelter Nachrichten und gelegentlicher Bemerkungen
erhalten wir nun förmliche, zusammenhängende Relationen, und wenn
sich das freundschaftliche Verhältniss beider Männer einerseits noch
immer in der breiten Behandlung von Privatangelegenheiten kund
gibt, so zeigt es sich von weit wichtigerem Einfluss dadurch, dass
Burgo an Cles über alle Angelegenheiten mit einer Freimüthigkeit
berichtet, wie sie einem andern Minister gegenüber kaum möglich
gewesen wäre. Dadurch erscheinen ßurgo’s Briefe an Cles wich
tiger als jene an Ferdinand; denn Manches wird dem befreunde
ten Minister vertraut, was Burgo dem König nicht recht zu sagen
wagte. Zum Glück trifft jene günstige Stellung des Fürstbischofs
gerade mit der Zeit zusammen, in der sich Burgo auf seinem wich
tigsten Posten, in Rom, befindet. Während wir demnach für die Kai
serwahl Karl’s V., für die ungrischen Verhältnisse in den letzten Jah
ren des unglücklichen Ludwig’s II., für die italienischen Angelegen
heiten in den Jahren 1525—1329 mehr zerstreute Notizen aus
Burgo’s Rriefen sammeln können, gewinnen wir vom Jahre 1529 ab
einen umfassenden, tiefgehenden Einblick in die so wichtige Politik
der römischen Curie. Darum möge man auch die vorliegende Dar
stellung entschuldigen, wenn sie in den beiden ersten Abtheilun
gen lückenhaft und weniger zusammenhängend erscheint: — es war
die Beschaffenheit des Materiales, die solches mit sich bringen
musste.
I.
Es ist nicht viel, was wir über Burgo’s frühere Verhältnisse
voraussenden können. Ein Italiener von Geburt, war er zuerst in den
Diensten Venedigs, die er jedoch bald verliess. Im Jahre 1507 finden
wir ihn schon als Gesandten Maximilian’s an seine Tochter Margaretha
in den Niederlanden, und im selben Jahre 5 ) noch als Gesandten in
Spanien. Im Mai 1509 ist er in gleicher Eigenschaft im Lager
Ludwig’s XII. und wohnt der Schlacht hei Agnadello bei 6 ). In Folge