Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 1. Band, (Jahrgang 1848)

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Aber auch dem Interesse der Akademie selbst entspricht 
die Wahl dieser Preis-Aufgabe. Es liegt ja in ihrem Interesse, 
sich als eine wahrhaft kaiserliche, der ganzen Monarchie ange- 
liörende wissenschaftliche Central-Behörde zu zeigen; den auch 
durch ihre Stiftung objectivirten grossen Gedanken von der 
höheren Einheit des Kaiserstaates den Völkern ins Bewusstsein 
zu rufen; durch ihre Acte zu beweisen, dass sie ihre Stellung 
verstanden, und selbst den Schein zu vermeiden, als halte sie . 
sich mehr für eine provinziell-österreichische oder auch nur 
für eine vorzugsweise deutsche, während doch der Allerhöchste 
Wille ihres erhabenen Stifters durch die Beigesellung von sla 
wischen, italienischen und magyarischen Gelehrten zu der Zahl 
ihrer wirklichen Mitglieder sich klar genug ausgesprochen hat. 
Sie kann daher auch von diesem Standpuncte aus wohl 
kaum eine klügere Wahl treffen, als wenn sie die für den 
grössten Tlieil der Bevölkerung der Monarchie wichtigste philo 
logische Aufgabe zu ihrer ersten macht; dadurch von vorne- 
herein kundgibt, dass sie hei ihren Preis-Aufgaben auch immer 
den möglich grössten Nutzen bezwecken, diesem jedes Sonder 
interesse unterordnen und keine Nation auf Kosten der anderen 
bevorzugen werde. 
Endlich hilft die Akademie durch diese Wahl zugleich einem 
der dringendsten Bedürfnisse der philologischen Wissenschaft 
überhaupt ah; sie erfüllt dadurch den ausgesprochenen Wunsch 
der grössten Kenner dieser Wissenschaft, und nicht bloss der 
am meisten dabei interessirten slawischen, sondern auch der 
deutschen, der Begründer und Meister der historisch-verglei 
chenden Philologie, eines Jakob Grimm, Bopp, Lassen, Pott, 
Haupt u. A. 
So gewichtige, so unbefangene Stimmen haben in der That 
wiederholt aufgefordert, zur Ausfüllung dieser so fühlbaren 
Lücke, zur Ausarbeitung einer historisch-vergleichenden Gram 
matik der sechsten Hauptfamilie des indo-europäischen Sprach- 
stammes, der litauisch-slawischen, einer Sprachfamilie „die 
von SO—60 Millionen in verschiedenen Mundarten gesprochen, 
vom adriatischen bis an die Küste des Eismeeres, von der 
schwarzen Elster am rechten Elbe-Ufer bis hin nach Kamt 
schatka, ja bis hinüber an die Nordwest-Küste von Amerika
	        
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