Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 1. Band, (Jahrgang 1848)

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Seine Majestät, der erhabene Stifter der kaiserlichen Aka 
demie, sagtim §. 2 h) der ihr gegebenen Statuten: „Die Wirk 
samkeit der Akademie hat Geschichte, Sprache und Alterthums 
kunde im ausgedehntesten Umfange, somit auch die Ausbildung 
der vaterländischen Sprachen zu umfassen," und im §. 19: „Wir 
versehen Uns, dass die Akademie durch die Verfolgung der ihr 
vorgezeichneten Zwecke sich Unseres Vertrauens würdig bezeige, 
und die bei der Gründung für das Wohl Unserer Völker gehegten 
Wünsche verwirklichen wird." 
Nun machen die slawischen Völkerstämme mehr als die 
Hälfte der Bevölkerung der österreichischen Monarchie aus — 
sie besteht bekanntlich nach den neuesten statistischen Angaben 
aus vier Hauptstämmen, nämlich: 16,870.000 Slawen, 6,750.000 
Deutschen, 4,956.000 Italienern und 4,820.000 Magyaren; — 
und dennoch entbehren die slawischen Völkerstämme noch bis 
zur Stunde eines für ihre geistige Cultur und daher gewiss für 
„ihr Wohl" überaus wirksamen Mittels, eines Werkes, worin 
sie den gemeinsamen Sprachschatz und den Gesammt-Organis- 
mus ihrer verschiedenen Sprachen und ihre dadurch begründete 
innere Verwandtschaft einerseits, andererseits aber in der Ver 
schiedenheit und in den Abweichungen der einzelnen Sprachen 
von einander die Grade der Cultur, der erreichten Bildung und 
der weiteren Bildungsfähigkeit jeder einzelnen im Verhältnisse zu 
den übrigen nachgewiesen und entwickelt (Inden können, kurz 
einer historischen, vergleichenden Grammatik, wie sich deren die 
germanischen und romanischen Völker in den trefflichen Muster 
werken von Jakob Grimm und Friedrich Diez bereits erfreuen. 
Denn höchstens könnte man als Vorarbeiten für den etymologisch 
lexikalischen Theil eines solchen Werkes die Wörterbücher der 
gründlichen Slawisten Linde und Jungmann anführen. 
Wenn die kaiserliche Akademie es nun zur Aufgabe ihres 
ersten philologischen Preises macht, diese so lange entbehrte 
Wohithat einer solchen Grammatik dem grössten Theile der Be 
völkerung des österreichischen Kaiserstaates zu verschaffen, und 
somit „zur Ausbildung der vaterländischen Sprachen" wesentlich 
mitzuwirken, so darf sie wohl hoffen, im Geiste ihres erha 
benen Stifters gehandelt, sich seines Vertrauens würdig gezeigt 
zu haben.
	        
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