Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 19. Band, (Jahrgang 1856)

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168 Di’. Karl Scherz er. 
Kloster-Bibliotheken Guatemala’s nach Werken zu forschen, welche 
die ältere Geschichte Central-Amerika’s behandeln. Es herrscht in den 
selben eine bedauernswerte Unordnung. Der dermalige Präsident von 
Guatemala, der frühere Indianer-Häuptling Rafael Carrera, hat 
zwar vor wenigen Jahren die sämmtlichen, seit dem Jahre 1829 
expulsirt gewesenen Ordensgeistlichen zurückberufen; er war aber 
nicht im Stande, ihnen gleichzeitig auch die von der Morazan’schen 
Regierung weggenommenen und veräusserten Kirchengüter wieder 
zu erstatten, und so leben selbst die wenigen Mönche die sich seither 
neuerdings in der Hauptstadt eingefunden, in der grössten Dürftig 
keit und scheinen, gedrückt von Sorgen aller Art, bisher noch 
nicht Müsse gefunden zu haben, sich um das Ordnen und Prüfen 
auch der wenigen, der Zerstörung und Verstreuung entgangenen 
Manuseripte und Bücher zu kümmern. In der kleinen Bibliothek 
der Municipalität fand ich nebst einer Anzahl von Briefen der ersten 
Eroberer das Original von Bernal Diaz de Castillo’s „Conquista de 
Nueva Espanä“, welche derselbe am 14. November 1605 in Guate 
mala vollendete, sowie die Handschrift von Fuentes de Guzman’s 
„Historia de Guatemala“. Von letzterem Werke wird so eben durch 
einen sehr verdienstvollen Arzt und Forscher Guatemala’s, den 
Dr. Mariano Padilla, eine Übertragung des Manuscriptes in das 
moderne Spanische veranstaltet. Auch die Universitäts-Bibliothek 
besitzt nur wenige werthvolle ältere Geschichtsurkunden. Der 
interessanteste antiquarische Schatz dieser im Allgemeinen sehr 
mangelhaften Büchersammlung sind unstreitig die Handschriften des 
Dominicaner-Mönches P. Francisco Ximenez, welcher zu Anfang des 
vorigen Jahrhunderts als Pfarrer in dem kleinen Indianerdorfe 
Chiehicastenango im Hochlande von Guatemala lebte und durch seine 
tiefe Gelehrsamkeit wie durch seine strenge Wahrheitsliebe in 
grossem Rufe und Ansehen stand. Über seine Gehurt wie sein 
Sterbejahr gibt es nur ungewisse Angaben. An seinen Werken fehlen 
häufig Titel und einzelne Blätter, so dass man sogar über den 
Zeitpunct ihrer Entstehung im Unklaren wäre, wenn der Autor nicht 
selbst im Laufe seines Geschichtswerkes erzählt hätte, dass es um 
das Jahr 1721 war, als er seine Geschichte der Provinz von Chiapa 
und Guatemala schrieb. Geraume Zeit wurden die Werke dieses 
edlen Mannes welcher sich in eben so würdiger, als rücksichtsloser 
Sprache über die von den ersten Eroberern und ihren Nachfolgern 
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