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L. Kadermacher.
mannsdichtung verzichten müssen, wenn wir über die motivi
sche Komposition der Odyssee und ihren ursprünglichen Zu
sammenhang etwas erfahren wollen, weil jene Dichtung allzü
komplizierte Spuren von Beeinflussung auf weist. 1 So inter
essant die literarhistorischen Zusammenhänge sind, so sind doch
für die Erkenntnis des Ursprungs der in der Odyssee ver
wendeten Motive die primitiven Erzählungsformen viel wich
tiger. Wäre der Orendel im vollen Sinne des Wortes selb
ständig, so würde damit erwiesen sein, daß der Stoff der
Heimkehrnovellen mit dem anderen von der Fahrt nach der
Wunderinsel auch außerhalb der Odyssee frei verknüpft worden
ist, und diese Verknüpfung könnte sehr alt sein, älter als das
homerische Epos. Aber leider ist mit dem Orendel kein
sicheres Resultat zu gewinnen, und so müssen wir uns mit der
früheren Feststellung begnügen, daß Phaiakis und Heimkehr
des Odysseus sich stofflich deutlich scheiden lassen. Wann
aber die erste Verbindung der beiden Stoffkreise geschaffen
worden ist, vermag die motivische Analyse nicht zu lehren.
Die Untersuchung der Entstehung des homerischen Epos be
findet sich jedoch hier vor einem Hauptproblem, dessen Lösung
zu fördern unbedingt eine Aufgabe der philologischen Kritik
sein muß.
Nicht ganz sichere Anklänge an die Phaiakis sind von
Jülg und Bender (Märchenhafte Bestandteile der homerischen
Gedichte 26) auch im mongolischen Epos nachgewiesen worden.
Wie Weher (siehe oben S. 8 Anm. 2) vermutet, ist der Weg
der Vermittlung über Indien gegangen. Auch diese Beziehun
gen, falls man an sie glauben darf, sind literarisch sehr inter
essant, aber für die Beurteilung der Qualität des Stoffes im
griechischen Epos von nebensächlicher Bedeutung. Wenn wir
nun noch einmal die Frage aufwerfen, ob man recht daran
tut, die Odyssee eine Märchendichtung zu nennen, so können
wir schon mit mehr Kühnheit antworten, daß diese Bezeich
nung den Reichtum des Gedichtes doch wohl zu einseitig faßt.
Sie gibt uns allerdings die Möglichkeit, den Gegensatz zwischen
1 Die eingehenden Analysen der Germanisten machen das in viel weiterem
Sinn klar, als in unserem Zusammenhänge auch nur angedeutet werden
konnte.