Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 16. Band, (Jahrgang 1855)

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Tengel — Tocke. 
u. a. die Trümmer eines Wartthurmes 
auf dem Ruhberge zwischen Schweid 
nitz lind Reichenbach. 2) abgegrenzter 
bewachsener Fleck Landes: so heisst ein 
kleiner Grasplatz ein Tamperle (Ilabel- 
schwert); ebenso eine Raumgruppe, mag 
sie frei im Felde stehn oder mitten im 
Walde unter andersartigen Bäumen: im 
Kieferpiischel stehtein ganzerTempel sau 
re Kirschbäume. (Liegnitz, Bolkenhain). 
Teng'el, m. Schmutzsaum am Gewände; — 
t enge 1 n, sich betengeln: schw. vb. 
sich am Saume beschmutzen. — Auch 
sonst mitteldeutsch: oblaus, obsächs. 
Stieler 763. — Tengel ist dasselbe 
Wort, nur mit eingeschobenem Nasal, 
wie üsterr., bair. Tegel: Lehm;tegeln: 
schmieren, beschmutzen; engl, daggle. 
Tese , f. 1) Schachtel. Kernkronik 2,726. 
2) Frauenzimmer: ich hoas er amol ge- 
soat, dass se su an grobe Tese wer. 
Stoppe Parnass 609. — nd. Döse: Büchse. 
Schachtel. 
tettern, schw. vb. zittern, rasseln. Wa 
gen tettern ; Töpfe und Gläser, die einen 
Sprung haben, tettern beim aufsetzen. 
Bauernregel: wenn der Hirse mit dem 
Ohre rauf komt und er hört den ersten 
Erntewagen tettern , da wird er noch 
reif (Obernigk). — eint et t e rn, trans. 
zittern machen, eins'chüchtern (nördl. 
Niederschlesien). — Vgl. bair., österr. 
tattern : zittern; schwäb. dattern, dottern; 
engl, totter. 
Teuche, f. feuchte Stelle im Acker 
(Liegnitz, Jauer).— Sehmeller 1, 426. 
Tilke, f. Thälchen , kleine Vertiefung. 
Auch nürnberg.; im übrigen Mittel 
deutschland Telle, Delle. 
tillcn, schw. vb. ablautend zu tallen, w. z. 
vgl., erhalten in tillazeln: tändeln, 
mit Kindern spielen, Kernkronik 2, 726. 
dass er dem wütten läppischer Sitten, 
Tylatzeleyen, Fantastereyen, 
— einmal entfliehe. Scherfler 476. 
tieren , schw. vb. sich tieren: sich be 
wegen, rühren, sich um etwas bemühen : 
um die Jungfrauen thieren. Sehweinichen 
1, 63; kamen allgemach zu I. F. G. die 
jenigen, welche sich zuvor nicht sehr um 
I. F. G. gethieret, ebd. 2, 60. — Vgl. 
gezweit geviert scherlich tieret. Os 
wald v. Wolkenstein 33. 2, 23; all in 
den plumen ich mich ticrt. Spruch vom 
Einsiedel, in den Fastsp. 1124; ich 
gieng ein nacht spazieren , ward in der 
finstern mich umhtieren, ebd. 339, 21 ; 
und tet mich kaum zwier drin umbtiern 
ebd. 72, 16. Das Wort scheint unverscho- 
ben herübergenommen vom nd. tieren: 
munter, lebhaft sein, lärmen; tierig: 
munter, lustig. 
Tiscli, m. Ein Bauer sitzt am Tisch und 
stemmt sich mit dem einen Ellbogen so 
stark auf, dass der Tisch zu brechen 
droht. Der Sohn ruft ihm zu: Vater! der 
Tisch knackt! Der Bauer sieht den Jun 
gen an, stemmt den zweiten Ellbogen zu 
dem ersten und fragt: „Seld’a?“ 
Tise, Tisse, f. Täubchen; auch oblaus. 
— ln der Kindersprache Averden auch die 
Honiggefiisse des Sturmhuts (Aconitum), 
die Samenkapseln der Päonien und dgl. 
Tisel genannt (vgl. Gittel). — Das Wort 
ist aus dem Lockruf tise, tise, gebildet. 
Bairisch-scliAväbisch Averden die Hühner 
und Enten mit dis! dis! gelockt, daher 
Disei Hünchen. Schmeller 1,401; Schmid 
129. rhein tiet! liet! Tiez, Huhn : Mül 
ler-Weitz 246. 
titschen, schw. vb. Ablautform zu tatschen 
av. z. s. 1) schlagen, klatschend anschla 
gen, namentlich dieTantussean die Wand 
Averfen (ein Knabenspiel) ; Avessen Tan- 
tus auf SpannenAveite an einen anderen 
fällt, hat diesen gewonnen. Vgl. rhein. 
titsche: Schnellkügelchen auf einen 
Stein Averfen und fangen. 2) tauchen, 
eintauchen ; austitschen : austunken. — 
Titsche, f. Brühe, Tunke; nürnberg. 
Tütschen. — Frisch 2, 373. 
Titte, f. 1) Zitze, Brustwarze: Titte titte 
machen, in der Kindersprache: saugen. 
2) übertragen: Schnabel: 
hier liegt verscharrt Aglaster Gritte, 
die mit der schwarzen Schnabel-titte 
wusch als ein alte schlesche Magd. 
Scherfler 691. —ags.,nd. titt, engl. teat. 
— Vgl. ahd. tutto, Schweiz. Tütti, Totta, 
kämt. Tuttele, Titel; tuttein, säugen. 
tob , adj. tobend, toll : du mehr denn tober 
Hund. A. Gryph. Sonette 1, 31. — Be 
lege für tauber Hund bei Zarncke zum 
Narrenschiflf 96, 61.— toebsen, teb- 
s en, schw. vb. toben, lärmen. — Tebs, 
m. tobender Lärm , namentlich Kin 
derlärm. 
Tocke, f. 1) Puppe, sehr gewöhnlich. — 
ahd. tocha, mhd. tocke. Schmeller 1, 366. 
Doch lasst euch auch nicht bei der 
Tocke 
und schon im Flügelkleide frein. 
Günther 439. — Tockenspieler: 
Puppenspieler , überhaupt Schauspieler 
(Obernigk). — Tockenkram: eigentl. 
Puppenkram , übertragen: Putz- und 
Sjwelsachen: ich halte diese Ketten höher 
als aller närrischen Jungfern Tocken- 
kram. A. Gryph. Horribilicr. —T ocken- 
av e r k : Puppenwerk, Gaukelspiel : 
Avas ist doch Ehre, Macht, Pracht, 
Schönheit, Lust und Geld ? 
ein gläsernes Gepräng, ein Tocken- 
Averk der Welt. 
Logau Ziveite Zugabe zu d. 3 Tausend, 
nr. 31. 
Der Scepter TockenAverk ist eine lere 
Pracht. A. Gryph. Leo Arm. 1,46. 
vergänglich Tockenwerk und schnöde 
, Gaukelei. Christ. Gryph. 127. (3. A.)
	        
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