Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 161. Band, (Jahrgang 1909)

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IX. Abhandlung: Kelle. 
humana figmenta — s.S.ll. 12 — zu unterlassen. Die kirchliche 
Verordnung ist nicht auf unsere Tage gekommen. Wir kennen 
nur die Fassung, in welche diese von der weltlichen Geivalt 
gebracht worden ist — s. S. 2. — Sie steht in can. 19 des 
Legationis edictum vom Jahre 789, wo den kanonisch lebenden 
Nonnen strengstens untersagt wird, Hymnen anderen Klöstern 
zugänglich zu machen. Damit war der Unterschied zwischen 
regulär und kanonisch lebenden Nonnen wieder beseitigt und 
der Hymnengesang auch in den Frauenklöstern abgeschafft. An 
das Verbot winileodos scribere Tel mittere reihen sich in can. 19 
des Legationis edictum die Worte: Et de pallore earum propter 
sanguinis minuationem. Es wird, schreibt Kögel, 1 den Nonnen 
verboten, dergleichen (Gedichte erotischen Inhalts■) aufzuschreiben 
und zu verschicken, und ihre Bleichsucht wird mit der Sache 
in Verbindung gebracht. Daraus läßt sich ein völlig sicherer 
Schluß auf den Charakter dieser winileod ziehen. Worin indes 
die Verbindung zwischen den erotischen Gedichten und der 
Bleichsucht der Nonnen bestehe und inwieferne aus dieser Ver 
bindung ein Schluß auf den Charakter des winileod gezogen 
werden könne, hat er nicht verraten. Auch Jostes bringt De 
pallore earum mit dem vorausgehenden winileodos scribere vel 
mittere in Verbindung und übersetzt: Die Nonnen sollen sich 
nicht unterstehen, Schutzmannen einzuziehen oder auszusenden, 
selbst nicht wegen ihrer Furcht oder zur Verminderung des Blut 
vergießens. In der Zeit, in der das Legationis edictum ge 
schrieben ivurde, hat man die lateinische Sprache gewiß in 
wunderlicher Weise gebraucht und mißbraucht. Ob aber der 
Schreiber des edictum gar ein solcher Stümper war, daß er 
einen ganz klaren Gedanken nur in so unverständlicher Weise 
auszudrücken vermochte, darf denn doch bezweifelt werden und 
könnte erst dann vermutet werden, wenn die gebrauchten Worte 
durchaus nicht anders erklärt werden könnten. Jostes ist bei 
dieser Erklärung von der Ansicht ausgegangen, daß es sich bei 
dieser Stelle um die Umwandlung der offenen Klöster in ge 
schlossene und befestigte handelt, die das Halten einer beioaff- 
neten Schutzmacht überflüssig machte. Allein wenn das Lega 
tionis edictum in can. 19 verlangt, ut claustra sint bene firmata, 
1 Paul, Grundriß der germanischen Philologie, Band 2, 8. 70.
	        
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