Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 155. Band, (Jahrgang 1908)

Studien zur Geschichte der altdeutschen Predigt. VIII. 
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29, 17. 37. 50, 5. 52, 10. 55, 8. — überall sind Minoriten ge 
meint) gewiß niemals aus dem Geleise eines ernsten Ordens 
mannes gewichen sein wird. 
Viel zuverlässiger ist, was sich schon jetzt über die Vor 
bilder ermitteln läßt, die Berthold für seine Predigten benutzt, 
die er mit Vorliebe studiert, denen er mit Bewußtsein nach 
geeifert hat. Denn dafür legen die von ihm selbst angeführten 
kirchlichen Autoren bestimmtes Zeugnis ab, wie sie Studien 5, 
9. 22. 25. 57. 60. 73 aus den einzelnen Sammlungen von mir 
zusammengestellt wurden. Ganz gleichmäßig führen sie alle zu 
demselben Ergebnis: unter sämtlichen von Berthold zitierten 
Kirchenschriftstellern nehmen immer wieder dieselben drei die 
ersten Plätze ein, hinter denen die übrigen an Häuiigkeit der 
Anführungen weitaus Zurückbleiben, nämlich die drei großen 
Prediger: Augustinus, Gregor und Bernard von Clairvaux. Ich 
ziehe gewiß keinen Fehlschluß, wenn ich die ganz schlagenden 
Zahlen der von Berthold beigebrachten Zitate als den konkreten 
Ausdruck des Verhältnisses ansehe, in dem sich Berthold zu 
den genannten Autoritäten befindet: insofern jemand durch das 
Studium der Literatur zum Prediger sich bilden kann — und 
das ist bis zu einem gewissen Grade sicher möglich —, inso 
fern hat Berthold an Augustin, Gregor und Bernard sich ge 
bildet und hat von diesen Männern zuvörderst predigen gelernt. 
Überlegt man sich die besonderen Eigenschaften von Bertholds 
Predigtweise und zieht dann die Qualitäten in Betracht, durch 
welche seine drei großen Muster sich charakterisieren, dann 
erschließt sich eine Übereinstimmung in den Hauptpunkten, die 
ich als stringenten Beweis für die Richtigkeit meiner These 
ansehe. Nur läßt sich diese Übereinstimmung erst dann in 
allen Einzelnheiten aufzeigen, wenn die Gesamtausgabe der 
lateinischen Predigten Bertholds den Vergleich ermöglicht haben 
wird. Vorläufig beschränke ich mich auf etliche Bemerkungen, 
die allerdings Glaubwürdigkeit beanspruchen. Ich habe früher 
(oben S. 80 f.) die Besonderheiten von Bertholds Predigtstil um 
zwei Punkte konzentriert: sein Bestreben, die Zuhörer auf 
merksam zu machen und dann die Gespannten zu erschüttern. 
Die rhetorischen Mittel nun, welche zur Erreichung des ersten 
Zweckes dienen, beherrscht gerade Augustinus im höchsten 
Grade. Der Stil dieses Begründers des abendländischen Christen-
	        
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