Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 141. Band, (Jahrgang 1899)

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VI. Abhandlung: Schmidt. 
anthropologischen Gesichtspunkten ausgehend, hält die Mela 
nesier für eine Mischrasse aus Malayo-Polynesiern und Papuas. 
Ihre Sprache sei allerdings dem Wesen nach mit den malayi- 
schen und polynesischen verwandt, ,im Wortschätze finden sich 
aber manche Abweichungen, und es bleibt, wenn man die 
melanesischen Sprachen mit den malayo-polynesischen in dieser 
Hinsicht vergleicht, immer ein Residuum übrig, das nicht als 
malayo-polynesisch anerkannt werden kann. Und dieses Resi 
duum habe ich stets auf einen vom malayo-polynesischen ver 
schiedenen Sprachstamm bezogen, in welchem ich, nach den 
physischen Constitutionen jener Rasse, welche die mit dem 
Residuum behaftete Sprache redet, nur den Papuasprachstamm 
erblicken konnte'. Das ist der eine Punkt der Müller’schen 
Theorie. — Der andere Punkt bestimmt nun erst eigentlich 
das Yerhältniss der melanesischen zu den malayischen und 
polynesischen Sprachen. ,Es bildet also der malayo-polynesische 
Sprachstamm eine Stufenleiter fortschreitender Sprachentwick 
lung, auf deren unterster Stufe die polynesischen Partikel 
sprachen (Sprachen, in denen sämmtliche grammatische Ver 
hältnisse durch lose Partikeln ihren Ausdruck finden) stehen, 
deren höchste Entwicklung die auf umfassender Anwendung 
der Suffix- und Präfixbildung beruhenden malayischen Sprachen 
darstellen, welcher theilweise historisch zu verfolgende Process 
in den melanesischen Sprachen . . . seinen vermittelnden 
Ausdruck findet.“ 1 
Eine beiden Theilen dieser Theorie entgegengesetzte An 
sicht vertritt R. H. Codrington, der dieselbe in seinen ,The Me- 
lanesian Languages“ 2 (Oxford, 1885), p. 10ff. in ausführlicher 
Weise darlegt, ohne indess Müller zu nennen. Er ist durchaus 
dagegen, dass die melanesischen Sprachen irgendwie als Misch 
sprachen aufgefasst würden. Zwar gibt er die allgemeine 
Möglichkeit dessen zu, dass ,it may be that the languages here 
treated of. . . are not the original languages of the race that 
now speaks them“ (C. ML p. 14). Aber in den jetzigen mela 
nesischen Sprachen sei keine Spur der eventuellen früheren 
Sprachen zu erkennen. ,The examination of vocabularies does 
1 M. GS II, 2, p. 2, ygl. auch p. 160. 
2 The Melanesian Languages = C. ML.
	        
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