Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 141. Band, (Jahrgang 1899)

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I. Abhandlung: v. Duncker. 
was am vergangenen Nachmittage bezüglich der Verlobungs 
angelegenheit in den Gemächern des Königs vorgegangen sei, 
und gleichzeitig mitzutheilen, ,wie der König es als ein grosses 
Glück ansehe, dass diese Heiratsstiftung von seinem Kron 
prinzen eben zu derjenigen Zeit geschehe, da der Herzog von 
Lothringen in seinem Hause zugegen'; er würde es ,für die 
höchste Ehre schätzen', wenn durch Seckendorfs Vermittlung 
der Herzog bewogen werden könnte, im Namen des Kron 
prinzen bei dem Bevern’sclien Fürstenpaare um die Prinzessin 
anzuhalten, ,von ihr den Ring abzufordern und solchen gegen 
jenen des Kronprinzen auszuwechseln'. 
Seckendorf entgegnete, dass er nicht einsehe, aus welcher 
Ursache man dem Herzog zumuthen solle, ,sich als ein fremder 
Gast zur Vollziehung des Versprechens einer ihm bisher ganz un 
bekannt gewesenen Heiratshandlung gebrauchen zu lassen', und 
obschon er gar nicht über den üblichen Vorgang bei der 
artigen Ceremonien unterrichtet sei, so hielte er es doch für 
ziemlicher und besser, dass das Ansuchen um die Prinzessin 
bei dem Bevern’schen Herzoge von dem königlichen Ministern 
,mittelst einer ordentlichen Anrede öffentlich geschehe'. Hiebei 
könnten der Herzog von Lothringen sowie die übrigen fremden 
Fürstlichkeiten unbedenklich anwesend sein. 
Nachdem Derschau erklärte, dass es den König sehr 
peinlich berühren werde, wenn der Herzog seinem Ersuchen 
nicht nachkommen würde, so blieb Seckendorf nichts übrig, 
als den König versichern zu lassen, dass er mit dem Herzog 
darüber sprechen werde. 
Bald darauf trug Seckendorf im Beisein des Generals 
Grafen Neipperg dem Herzog die Angelegenheit vor. Dieser 
erklärte aber decidirt, ,dergleichen Anmuthen sich durchaus 
nicht zu fügen, als welches nicht nur mit keinem hinreichenden 
Grund vom König begehrt werden könnte, sondern auch bei 
England eine unvermeidlich grosse Gehässigkeit und den Vor 
wurf nach sich ziehen würde, dass die Anherkunft der Bevern- 
schen Prinzessin mit vielem Fleiss dergestalt sei veranlasst 
worden, dass er um sie für den Kronprinzen gleichsam im 
Namen und mit Gutheissen des Kaisers Ansuchung thun könnte'. 
An diesem Vormittage wohnte der König mit Lothringen 
auf dem Paradeplatze den Exercitien eines Bataillons des
	        
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