Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 134. Band, (Jahrgang 1896)

Zur Lehre von der Hypothesenbildung. 
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Die Differenzmethode hält also Mill in zwei Fällen für 
anwendbar: einmal, wenn die Ursache bereits anderweitig er 
mittelt ist und es sich nur um das ,genaue Gesetz' ihrer Wirk 
samkeit fragt; dann aber, wenn es sich darum handelt, aus 
einem Kreise von Agentien, welcher, wie wir sicher wissen, 
das wahre Agens enthält, dieses letztere herauszufinden. 
Obwohl wir uns hier streng an den Wortlaut der Aus 
führungen Mill’s gehalten haben, dürfte hiemit doch nicht 
die letzte und endgiltige Meinung dieses Forschers wieder 
gegeben sein. 
Etwas später sagt er nämlich resumirend: 
,Es scheint daher ein Erforderniss einer wahrhaft wissen 
schaftlichen Hypothese zu sein, dass sie nicht ewig Hypothese 
zu bleiben bestimmt, sondern so beschaffen ist, dass sie durch 
die Vergleichung mit beobachteten Thatsachen entweder be 
stätigt oder entkräftet wird. Dieses Erforderniss wird erfüllt, 
sobald man bereits weiss, dass die Wirkung von eben der 
angenommenen Ursache abhängt, und die Hypothese es nur 
mit der genauen Art dieser Abhängigkeit zu thun hat, mit 
dem Gesetz der Veränderung der Wirkungen, je nach den 
Veränderungen in der Grösse oder in den Beziehungen der 
Ursache.' 
Und wieder etwas später heisst es: 
,Aber damit dies der Fall sein kann (sc. damit die An 
nahme mit den Erscheinungen übereinstimmen kann), halte ich 
es, sobald die Hypothese mit einem ursächlichen Verliältniss 
zu thun hat, für nothwendig, dass die angenommene Ursache 
nicht nur eine wirkliche Erscheinung, etwas in der Natur 
wirklich Existirendes sei, sondern dass man auch bereits wisse, 
dass sie auf die Wirkung einen Einfluss irgend einer Art aus 
übe oder wenigstens ausüben könne. In jedem anderen Falle 
ist es kein Beweis für die Wahrheit der Hypothese, dass wir 
die wirklichen Erscheinungen aus ihr herzuleiten vermögen.' 
Hier fällt sofort auf, dass, während früher eine alter 
native Forderung aufgestellt wurde (nämlich: entweder müsse 
bekannt sein, dass das hypothetisch Angenommene die wahre 
Ursache sei, welchen Falls dann nur das ,genauere Gesetz' 
ihrer Wirkungsweise zu bestimmen sei — oder es müsse fest 
stehen, dass von einer gewissen Gruppe von Agentien Eines
	        
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