Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 126. Band, (Jahrgang 1892)

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X. Abhandlung: Busson. 
den so häufig von ihm zu Rathe gezogenen Salzburger Annalen, 1 
aber die Schilderung selbst hat er, ohne für dieselbe weitere 
Anhaltspunkte zu haben, sich zurecht gemacht. Das erscheint 
besonders wahrscheinlich nach dem handgreiflichen Irrthum, 
den Ottokar in derselben begeht, indem er als einen Haupt 
schädiger des Reichsgutes Otto den Langen von Brandenburg 
hinstellt 
V. 101 dem rieh tet ouch vil ange 
maregraf Otto der Lange. 
Otto der Lange entstammte als zweites Kind der Ehe, die 
sein Vater Otto III. von Brandenburg im Jahre 1244 mit Beatrix, 
der Tochter Wenzel I. von Böhmen, geschlossen hatte, kann 
sich also bei seiner grossen Jugend unmöglich zu der Zeit, welche 
der Reimchronist im Auge hat, dem Reichsgut unbequem ge 
macht haben. 
Die gleichfalls ganz unrichtige Angabe, dass Karl von 
Anjou vom Papste schon nach Italien berufen sei, noch ehe 
Konrad IV. dahingekommen, und die weitere Erzählung Cap. II, 
dass zwischen Konrad IV. und Karl von Anjou eine Feldschlacht 
stattgefunden habe, beruht in letzter Linie, wie bereits Seemüller 
angemerkt hat, 2 auf einer Verwechselung der Unterhandlungen, 
die bereits Innocenz IV. mit dem französischen Prinzen gepflogen 
hatte, mit den späteren Verhandlungen unter Urban IV., die 
zur Uebernahme der sicilischen Krone durch Karl führten. 3 
Mir scheint die beachtenswerthe Möglichkeit vorzuliegen, dass 
1 Ann. Sti. Rudberti Salisburg. M. G. Scr. IX, 792: Chunradus rex heres 
Friderici, occupatis et distractis per infeodationem sive obligationem 
possessionibus . . . 
2 Reimchronik I, 2, Anm. 2. 
3 Starzer bei Seemüller I, 2, Anm. 2 meint, der Irrtlium des Reim 
chronisten beruhe auf einer flüchtigen Benützung des Martinus Oppa- 
viensis M. G. Scr. XXIII, 472. Allein in dem Wortlaut dieser Quelle: 
Anno domini 1251, Conradus rex, filius Friderici, ut mortuo patre regnum 
Sicilie susciperet, per mare in Apuliam venit et capta Neapoli muros 
funditus destruxit. Sed cum sequenti anno introitus sui in Apulia in- 
firmari coepisset, clistere quod a medicis iudicabatur fieri ad salutem, 
veneno mixto intulit sibi mortem. Fehlt doch jeder Anhaltspunkt’, um 
insbesondere das Missverständniss in Betreff der Berufung Karls von 
Anjou zu erklären. Alles Sachliche, das diese Stelle dem Dichter bot, 
findet sich in den sicher benützten Salzburger Annalen und in öster 
reichischen Quellen.
	        
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