Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 113. Band, (Jahrgang 1886)

Studien zur Geschichte der Miniaturmalerei in Oesterreich. 
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Prachtleistung der Miniaturmalerei erheben konnte, bedeutend 
zurück. Ob die Miniaturen des letzteren von einem Michael- 
beuerner Mönche stammen, wird dadurch zweifelhaft, dass 
nirgends die Figur eines Benedictiners eingezeichnet ist, welche 
sonst kaum fehlen würde, zudem ein ganz passender Platz sich 
auf fol. 115 a oder fol. 124 b gefunden hätte; im Seitenstettener 
Antiphonare begegnet dieselbe zweimal. 
Absolut ausgeschlossen ist aber die Herstellung des Minia 
turenschmuckes in Michaelbeuern nicht. Dürfte man an der 
selben festhalten, so müsste man constatiren, dass die Mönche 
des Klosters im 15. Jahrhunderte noch weit geschmackvoller zu 
illuminiren verstanden als im 16. Jahrhunderte. Dies zeigt ein 
Missale, das nach folgender Einzeichnung auf fol. 74 b ,Iioc opus 
finiuit frater Michael Veninger professus et presbyter in cenobio 
S. Michaelis in peivern. tempore Emmerami Abbatis. Anno mille- 
simo quingentesimo qninquagesimo quinto‘ daselbst entstanden ist. 
Denn die Ausführung der Initialen, für welche nur auf fol. 60“ 
architektonische Motive beigezogen werden, ist recht roh und 
verwendet nur Blau, Roth, Grün und Violett. Auf fol. 74 a 
wird die Einzeichnung der beiden Wappen des Michaelbeuerner 
Abtes Emmeram (1548—1567) nur durch den heiligen Michael 
interessant, der den grünen Drachen zu seinen Füssen mit der 
Lanze durchbohrt; Zeichnung und Farbenauftrag sind höchst 
mangelhaft und flüchtig. Dass Michael Veninger auch der 
Miniator des ohne besondere Sorgfalt geschriebenen Missales 
ist, macht die Thatsache zweifellos, dass neben den Aj, 
Wappen des Abtes in einem gelben Schilde das Zeichen 
und darüber die in schwarzen Buchstaben auf Weiss ausgeführte 
Legende ,Favor diuinus est mea suppellex 1555‘ als Hausmarke 
und Wahlspruch des 1565 verstorbenen Mönches zu deuten 
sind, welcher 1563 als Pfarrvicar zuSeewalchen angestellt wurde. 
Seine künstlerisch bedeutungslose Arbeit gewinnt nur insofern 
an Interesse, als sie zeigt, wie rasch die Technik der Miniatur 
malerei in einem Lande, in welchem bis zum Schlüsse des 
15. Jahrhunderts tüchtige Arbeiten dieses Kunstzweiges ge 
schaffen wurden, während des 16. Jahrhunderts stellenweise 
herabsinken und verrohen konnte.
	        
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