Studien zur Geschichte der Miniaturmalerei in Oesterreich.
211
Prachtleistung der Miniaturmalerei erheben konnte, bedeutend
zurück. Ob die Miniaturen des letzteren von einem Michael-
beuerner Mönche stammen, wird dadurch zweifelhaft, dass
nirgends die Figur eines Benedictiners eingezeichnet ist, welche
sonst kaum fehlen würde, zudem ein ganz passender Platz sich
auf fol. 115 a oder fol. 124 b gefunden hätte; im Seitenstettener
Antiphonare begegnet dieselbe zweimal.
Absolut ausgeschlossen ist aber die Herstellung des Minia
turenschmuckes in Michaelbeuern nicht. Dürfte man an der
selben festhalten, so müsste man constatiren, dass die Mönche
des Klosters im 15. Jahrhunderte noch weit geschmackvoller zu
illuminiren verstanden als im 16. Jahrhunderte. Dies zeigt ein
Missale, das nach folgender Einzeichnung auf fol. 74 b ,Iioc opus
finiuit frater Michael Veninger professus et presbyter in cenobio
S. Michaelis in peivern. tempore Emmerami Abbatis. Anno mille-
simo quingentesimo qninquagesimo quinto‘ daselbst entstanden ist.
Denn die Ausführung der Initialen, für welche nur auf fol. 60“
architektonische Motive beigezogen werden, ist recht roh und
verwendet nur Blau, Roth, Grün und Violett. Auf fol. 74 a
wird die Einzeichnung der beiden Wappen des Michaelbeuerner
Abtes Emmeram (1548—1567) nur durch den heiligen Michael
interessant, der den grünen Drachen zu seinen Füssen mit der
Lanze durchbohrt; Zeichnung und Farbenauftrag sind höchst
mangelhaft und flüchtig. Dass Michael Veninger auch der
Miniator des ohne besondere Sorgfalt geschriebenen Missales
ist, macht die Thatsache zweifellos, dass neben den Aj,
Wappen des Abtes in einem gelben Schilde das Zeichen
und darüber die in schwarzen Buchstaben auf Weiss ausgeführte
Legende ,Favor diuinus est mea suppellex 1555‘ als Hausmarke
und Wahlspruch des 1565 verstorbenen Mönches zu deuten
sind, welcher 1563 als Pfarrvicar zuSeewalchen angestellt wurde.
Seine künstlerisch bedeutungslose Arbeit gewinnt nur insofern
an Interesse, als sie zeigt, wie rasch die Technik der Miniatur
malerei in einem Lande, in welchem bis zum Schlüsse des
15. Jahrhunderts tüchtige Arbeiten dieses Kunstzweiges ge
schaffen wurden, während des 16. Jahrhunderts stellenweise
herabsinken und verrohen konnte.