Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 10. Band, (Jahrgang 1853)

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Dr. Wattenb acli. 
Der Kaiser Diokletian erscheint uns hier nicht wie in anderen 
Legenden als ein blutdürstiger Tyrann, sondern als ein kunstliebender 
Monarch der nur ungern, und getrieben durch den Künstlerneid von 
Nebenbuhlern, die Strenge der Gesetze gegen seine besten Bild 
hauer anwenden lässt; jedoch nicht eher als his er sich versichert 
hat, dass auch unter den Heiden noch eben so gute Künstler zu linden 
sind. Selbst der Tribun Lampadius, obgleich ihn zuletzt der Teufel 
holt, wird als ein wohlwollender Mann geschildert. 
Der Schauplatz ist, wie gesagt, in den pannonischen Stein 
brüchen; 622 Arbeiter sind dort beschäftigt unter der Leitung von 
fünf Philosophen, denn so heissen hier die technischen Directoren, 
Avelche die zur Bearbeitung geeigneten Steine auszusuchen und 
die Ausführung zu beaufsichtigen haben. Es werden hier in einem 
Steinbruche aus dem thasischer Stein gewonnen wird, dann aber am 
feurigen Berge aus Porphyr sowohl Säulen mit ihren Capitellen, 
Brunnenschalen mit wasserspeienden Löwen, als auch Statuen, der 
Sonnengott mit vierspännigem Wagen, Victorien, Amoren gearbeitet, 
zu Diokletians grosser Zufriedenheit der selbst hingekommen war, 
um die Arbeiten in Augenschein zu nehmen, und sich dann während 
seines Aufenthaltes in Pannonien alle fertig gewordenen Gegenstände 
sogleich bringen lässt. An der Ausführung der zur Verzierung be 
stimmten Victorien und Amoretten, selbst des Sonnengottes, nehmen 
auch die christlichen Arbeiter keinen Anstoss, allein ein Tempelbild 
des Äskulap weigern sie sich entschieden zu verfertigen. Das be 
nutzen die Philosophen zu ihrem Verderben; längst waren sie neidisch, 
weil ihnen nichts gelingen wollte, während die Christen mit bestem 
Erfolge arbeiten und auch die wissenschaftliche Leitung an sich 
nehmen, welche sonst das Amt der Philosophen war. Diokletian hatte 
sie ihnen ausdrücklich übertragen, da sie sich auch hierin geschickter 
zeigten als die Philosophen. Das gute Gedeihen ihrer Arbeit bewegt 
auch ihren Gesellen Simplicius, ihr Schüler zu werden und sich von 
dem dort im Gefängniss schmachtenden Bischöfe Cyrillus von An 
tiochien taufen zu lassen; — wieder ein bedeutsamer Zug für die 
Ausbreitung des Christenthumes. 
Die endliche Katastrophe haben wir schon oben angedeutet 
und unterlassen es, hier näher darauf einzugehen; die Erwähnung 
des Papstes Melchiades ist ein chronologischer Fehler, welcher die 
Abfassung der Legende einer späteren Zeit zuweist. Allein zu weit
	        
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