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Haberlandt.
Den ersten, vorliegenden Theil meiner Untersuchung bildet
die Publication des bisher noch nicht edirten Textes der süd
lichen Sanscritrecension des Pancatantra, welche von der nörd
lichen in höchst bemerkenswerther Weise ab weicht und vor
Allem durch den weitaus bescheideneren Umfang auffallt. Mit
ihrer Bekanntmachung gewinne ich nicht blos die Basis für
den literarhistorischen Theil meiner Arbeit, sondern wird auch
einem längst empfundenen Desiderium der Pancatantraforschung
überhaupt Erfüllung.
Zur Constituirung des Textes der südlichen Recension
hatte ich folgende Behelfe:
1. Ein Devanägari-Manuscript, im Besitz des Herrn Prof.
Dr. G. Bühler, der es mir giftigst zur Benützung überliess. Es
ist eine moderne, in Bombay angefertigte Copie, ohne bedeu
tendere Lücken, dagegen mit ziemlich vielen kleineren Schreib
fehlern. Ich bezeichne es mit D.
2. Ein Sanskrit-Manuseript in Granthaschrift, aus der Bi
bliothek des Ostindischen Hauses in London, das ich durch
gütige Vermittlung Herrn Prof. Bühler’s zur Benützung aus
gefolgt erhielt. Es ist sehr correct auf Palmblättern ge
schrieben, leider aber am Rande und sonst an zahlreichen Stellen
durch Insectenfrass beschädigt. Eine grössere Lücke hat es im
dritten Buche, wo circa vier Seiten des Textes fehlen. Ich
bezeichne es mit G.
Diese beiden Manuscripte bieten wesentlich denselben
Text, doch zeigt D im Allgemeinen Neigung zu abbreviirter,
G zu ausgeführterer, lebhafterer Darstellung. Wie es bei einem
in einfacher Prosa geschriebenen Werke nicht anders zu er
warten, weichen sie sehr häufig in einzelnen Wendungen, Aus
drücken, Partikeln u. dgl. m. von einander ab. Die Verse sind
in beiden Manuscripten bis auf wenige Fälle, wo D im Nach
theil, übereinstimmend vorhanden.
Mein Verfahren bei der Aufnahme der einzelnen Lesarten
in den Text war ein eklektisches, indem ich mich in jedem
bestimmten Falle an die besser in den Zusammenhang passende
hielt, Rücksichten auf die Gleichmässigkeit des Styls der Re
cension selbst und auf Correctheit des Safiskritausdruckes über
haupt walten liess, kurzum mich bemühte, einen möglichst
lesbaren und von handschriftlichen Verunreinigungen befreiten