Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 107. Band, (Jahrgang 1884)

378 
Gomperz. 
,Dabei aber“ (nämlich bei Erfindung eines phonetischen Alphabets) ,müssen 
die Buchstabenzeichen womöglich so erwählt und gestellt werden, dass man 
erstens an die gegenseitigen Verwandtschaften der bezeichneten Laute 
und zweitens an ihre Unterschiede leicht erinnert wird Was die 
Verwandtschaften betrifft, so sind sie doppelter Art. Entweder beruhen sie 
auf der Gemeinschaft der sie hervorbringenden Organe, oder sie bestehen, bei 
Verschiedenheit der Organe, in der Aehnlichkeit ihrer sprach-mechanischen 
Verrichtungen. 1 (Ivadmus oder Allgemeine Alphabetik, S. 265—266). 
7 Man dürfte einwenden: ich habe zwar zweifellos recht daran 
gethan, den Symbolen für t und 8 die zwei allein übrigen correspondirenden 
Stellen, ober- und unterhalb des Vocalzeichens, anzuweisen, nicht dasselbe 
gelte aber von ihrer Folgeordnung; diese könne ebenso wohl, ja mit 
besserem Fug, die umgekehrte sein, denn es sei naturgemässer, die Auf 
zählung von oben nach unten und dann zu dem benachbarten rechten Fass 
ende fortzuführen, als die von mir angenommene Reihenfolge einzuhalten. 
Das Gewicht dieses Einwandes Hesse sich noch durch die Bemerkung ver 
stärken, dass die Wortfolge 8iXxa. Ejcotvw einen Hiat in sich schliesst, den 
einzigen, den ich in der Herstellung dieser ganzen Columne anzunehmen 
genöthigt war, während nicht nur Zeile 22 das E in Sk elidirt wird, sondern 
auch aus manchen Redewendungen das Streben nach Meldung des Hiats 
hervorzuleuchten scheint. Hierauf lässt sich erwidern: dass der Hiat nur 
ein graphischer ist — denn sprechen konnte man ja sehr wohl 
ir.a.'jw —, während hier, wo der Buchstabenname mit Emphase gebraucht 
ist (nimmt er doch für sich allein eine ganze Zeile ein), eine derartige Ver 
stümmelung des Wortkörpers am wenigsten zu erwarten -war, — dass ferner in 
Bezug auf Elision oder Nichtelision in Inschriften höchst selten strenge (Kon 
sequenz herrscht (Herwerden, Lapidum de dialeeto attica testimonia, p. 51, 
und Wecklein, Curae epigraphicae, p. 49), und dass, schliesslich, selbst ISo 
krates den Hiat ,ziemlich oft“ zulässt, ,wenn durch die Interpunction ein 
Ruhepunkt eintritt 1 (Kühner Gr. Grammatik I, 160 Anm.). Was aber jenen 
ersten und hauptsächlichen Einwurf betrifft, so vermag ich in dpr That nur 
an das zu erinnern was man die Macht des Zufalls zu nennen pflegt, genauer 
gesprochen an eine Erfahrungsregel, die mir wenigstens als eine durch 
gängig allgemeine gilt: dass nämlich in menschlichen Dingen, in grossen 
wie in geringen, niemals Alles bis ins Kleinste und Einzelnste herab genau 
so verläuft, wie man es nach allgemeinen Präsurptionen von vornherein 
hätte erwarten mögen. Welchen Widerspruch hätten nicht — um bei unserem 
Texte stehen zu bleiben — mehrere Stellen desselben hervorgerufen, wären 
sie nicht klar überliefert, sondern einer conjecturalen Ergänzung bedürftig 
gewesen. Oder hätte es nicht gar Vielen unglaublich geschienen, dass in 
völlig gleichem Sinne einmal litt und ein andermal r.po? rr]v apj(r|V jipoarjYpivj] 
gesagt wird, oder dass Zeile 24 nicht ein von dem unmittelbar vorangehenden 
(und dann allenfalls zeugmatisch zu verstehenden) TtpoorjYp.kvri abhängiges 
jtpos . . rrjv teXeut)]V, sondern ein von dem weiter zurückliegenden xeÖEiaa 
bedingtes itpb; . . xrj Tsi.E’jijj erscheint? Und doch wäre der Kritiker, der den 
Gedankenzusammenhang fest ins Auge gefasst und über diese kleinen Anstösse 
hinweggesehen hätte, nicht auf falscher Fährte gewesen. So muss ich auch hier
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.