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Conze.
Variationen der einzelnen Exemplare hindurch gewisse weit
verbreitete gleiche Absichten und Gedanken zu Grunde liegen,
so dass nicht hinter jedem einzelnen, sondern erst hinter einer
ganzen Reihe verwandter Werke der ursprüngliche Gedanke
sich verbirgt. Dessen können wir im Verständnisse erst dann
Herr werden, wenn wir seine Ausdrucksformen möglichst voll
ständig überblicken imd richtig zu gruppiren wissen. Wohl
dient es zur Mehrung unseres Wissens, wenn fort und fort
Monumenti inediti in bunter Fülle ans Licht gefördert und im
Einzelnen mit so viel Hülfsmitteln, wie der Herausgeber jedes
mal herbeischaffen kann, erläutert werden, aber je mehr in
dieser Richtung seit langer Zeit geschah, je mehr hinzukommt
und hinzukommen soll, desto erschwerter fast erscheint es über
alle Mehrung des Wissens zu dessen Klärung zu gelangen.
Was dazu Noth thut, sah schon Eduard Gerhard, der
mit dem Sammelwerke mannigfaltigsten Inhalts, seinen ,an
tiken Bildwerken 1 , begonnen hatte, zu grossen Serien wenig
stens gleichartiger Arbeiten, wie die Vasengemälde, mit seinen
Publicationen fortgeschritten war, und endlich den Plan zur
vollständigen Herausgabe der etruskischen Sarkophagreliefs und
dann der etruskischen Spiegel fasste, letzteren auch wirklich
mit Hülfe der k. Akademie der Wissenschaften zu Berlin
durchführte. Er bewies damit vollgültig die Berechtigung sei
nes paradoxen Ausspruchs, der sich ihm schon Angesichts der
epochemachenden Vasenfunde von Vulei aufgedrängt hatte und
den er einmal in meiner Gegenwart einem Autographensammler
ins Album schrieb: ,Monumentum artis qui unum vidit, nul-
lum vidit; qui millia vidit, unum vidit. 1
Solche Unternehmungen, wie Gerhards leider durch vie
lerlei absonderliche Irrungen in der Behandlungsweise getrübte,
dennoch im Grundgedanken vorbildlich bleibende Publication
der etruskischen Spiegel, konnte nach vielfach vorbereitenden
Arbeiten älterer Antiquare erst unsere Zeit, namentlich auch
mit Hülfe ihrer erleichterten Weltverbindung, ins Werk setzen.
Erst heute ist es möglich geworden, die Vorräthe der grossen
Museen Europas , wie den Inhalt der Fächerwerke eines ge
waltigen Schrankes, einigermassen bis in alle Einzelheiten zu
überblicken und so ziemlich überall mit eigenen Augen zu sehen;
denn auch hier muss, bei noch so vielen vorhandenen Publi-