P o 1 e y , Veda'nta-sa'ra.
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Vedanta - sara.
Von Dr. Ludwig Poley.
Einleitung.
Der Vedanta-sara, von dem wir hier eine Übersetzung, Glossar
und transcribirten Text geben, dessen Verfasser Sadänanda ist, gilt
bei den Indiern für eine populäre Darstellung des Vedanta-Systems.
Dieses ist, wie schon sein Name (Veda anta, d. h. Zweck oder
Ziel des Veda) anzeigt, nicht ein unabhängiger, freier Gedankenbau,
wie es grösstentheils die andern philosophischen Systeme sind, son
dern es hat den Zweck, da es sich auf die Upanisads >) stützt, aus
*) Das Wort Upanisad, gebildet aus der Wurzel sad oder sad: „zerstören, gehen,
beendigen“ und den Präpositionen upa -j- ni. bezeichnet die Wissenschaft des von
den Menschen zu erkennenden Gegenstandes (dieErkenntniss des höchsten Geistes) ;
und zwar desshalb, weil diejenigen — welche endliche Befreiung wünschen und
das Verlangen nach irdischen Dingen und frommen Werken (und deren Lohn) auf
gegeben haben, und mit Ausdauer und Vertrauen an der, als Upanisad bezeichne-
ten Wissenschaft festhalten — ihre Unwissenheit und andere Fehler, welche der
Saame dieses Weltumtriebes sind, zerstört und vernichtet sehen. Da die Wurzel
sad die Bedeutung „zerstören“ hat, so wird die Wissenschaft Upanisad genannt.
Ferner heisst es: „Die Wissenschaft Brahma's wird mit dem Worte upanisad be
zeichnet, weil sie alle die, welche sich nach endlicher Befreiung sehnen, zu Brahma
führt.“ Vergl. Sankara in den Commentaren zum Kafaka und Mundaka Upanisad in
meiner Ausgabe. — Upanisad bezeichnete wohl anfangs, der Etymologie zufolge,
das Hingehen des Schülers zum Lehrer, wobei er sich, der Sitte gemäss, zu den
Füssen desselben oder überhaupt niedriger setzte und Belehrung erhielt. Später
wurde dann der Begriff der Sitzung auf den in derselben gegebenen Unterricht
übertragen. — Im Geselzbuche Manu’s wird öfters das Wort rahasya „Geheimniss“
als gleichbedeutend mit upanisad angeführt; dies bezieht sich auf die Sitte der
Brahmanen, wichtige speculative Fragen als Geheimniss zu behandeln.
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LXIII. Bd. 1. Hft. 3