Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 46. Band, (Jahrgang 1864)

VI 
Schlechta-Wssehrd 
dischen Heeren der damaligen Zeit hergebrachte gänzliche Mangel 
an jeder Vorsicht und Wachsamkeit, den Erfolg der Überraschung, 
so zu sagen, im Vorhinein sicher stellte. „Wie der dichteste Früh 
lingsschauer“ schlugen die Kugeln der auf den Höhen um das Lager 
postirten russischen Geschütze in die wirre Masse der aus tiefem 
Schlafe aufgeschreckten Perser welche überdies im ersten Augen 
blicke der Mittel der Flucht beraubt waren, da ihre Pferde, nach 
Landessitte, frei in der Umgegend grasten. Ein gleichzeitiger Kosa 
kenangriff vermehrte den Schrecken. der sich auf’s Höchste steigerte, 
als ein Theil der Überraschten die Gelegenheit benützte um sich, 
statt auf Kosten des Feindes , auf Unkosten des Freundes zu berei 
chern, und das eigene Lager zu plündern begann. Umsonst versuchte 
der Kronprinz durch Scheltworte und Lanzenstiche Ordnung zu 
schaffen. Von der einen Seite dem Feuer der Russen ausgesetzt und 
im Rücken durch ihre raubenden Kameraden bedroht, rissen die 
Seinen ihn im Getümmel mit sich fort und konnten erst in einer Ent 
fernung von mehr als 10 Stunden, bei Ssadrek, südostwärts von 
Eriwan, zum Stehen gebracht werden. 
Dieser Sieg machte den russischen Anführer zum freien Herrn 
seiner Bewegungen , daher er auch ungesäumt in Eriwan einrückte 
wo er in der Hauptmoschee sein Quartier aufschlug und das Feuer 
gegen die Citadelle eröffnete. Zugleich wurden mit dem Comman- 
danten Mohammed Chan die Negociationen wieder aufgenommen, um, 
wo möglich, eine friedliche Übergabe herbeizuführen. Doch blieben 
die einen so wirkungslos als das andere, da den Belagerern, wie 
es scheint, schweres Geschütz fehlte und die Vertheidiger in der 
Aussicht auf den Succurs, welchen der Schah selbst herbeiführen 
sollte, genügende Widerstandskraft schöpften. 
Dieser hatte nämlich sogleich auf den von Ssadrek aus erschol 
lenen Hilferuf seines Sohnes, eine starke Abtheilung Cavallerie gegen 
Eriwan vorausgesandt welcher er, einige Tage darauf, von seinem 
Sommerlager Sultanieh aus, mit dem Reste seinerTruppen nachfolgte. 
Den für die Jahreszeit ungewöhnlich hohen Araxes an der Spitze 
seiner Reiter zu Pferde übersetzend, traf er am 28. Juli am Ufer 
des kleinen Flusses Karpitschai ein wo gerastet und Kriegsrath 
abgehalten wurde. Durch das letzte Beispiel belehrt, entschied man 
sich dahin, den Kampf im offenen Felde zu vermeiden, „da undisci- 
plinirte Truppen discipliuirten nun einmal nicht gewachsen seien“.
	        
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