Forschung- und Kritik auf dem Gebiete des deutschen Altertliums. 287
Von der einen, wohl älteren, jedenfalls werthvolleren, deren Existenz
ich vor nun zwanzig Jahren durch Veröffentlichung zweier Perga
mentblätter zuerst festgestellt habe, werden weitere Bruchstücke
hier mitgetheilt. Ein grösserer Abschnitt aus der andern Bearbei
tung, die zwar vollständig in einer Handschrift zu Solms-Laubach
erhalten, aber nur aus dürftigen Proben bis jetzt gekannt ist, soll
einer lehrreichen Vergleichung aller drei Bearbeitungen des Bär-
laam dienen. Zugleich wurde der Versuch gemacht, Heimat und
Alter der beiden jüngeren Gedichte wenigstens annähernd zu be
stimmen.
Im dritten Stücke wird der mittelhochdeutschen Literatur ein
neues, noch unbekanntes Denkmal zugeführt, ein Lobgedicht auf
K. Ludwig den Bai er; allerdings nur in Bruchstücken, aber um
fangreich genug, um die Anlage des Ganzen ungefähr daraus za
erkennen. Ohne gerade von erheblichem historischen Werthe zu
sein, darf das Gedicht doch schon um des Fürsten willen, dessen
Preis darin verkündet wird, Interesse beanspruchen; wichtiger ist
es in Beziehung auf die Sprache und den Wortschatz, dem es
manche willkommene Bereicherung bringt. Über den Verfasser ist
eine Vermuthung aufgestellt, die bei der unvollständigen, lücken
haften Überlieferung allerdings nur Vermuthung bleibt, aber doch
wohl einiger Wahrscheinlichkeit nicht entbehrt.
Wien, am 7. Februar 1863.
Sitzb. d. phil-hist. CI. XU. Bd. II. Hft.
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