Hermann Bonitz. Beiträge zur Erklärung des Sophokles. 395
SITZUNG VOM 17. OCTOBER 1855.
Vorgelegts
Der Herr Präsident v. Karajan legt eine an ihn gelangte
Eingabe an die Classe des Herrn Theodor Wüstenfeld, Privat-
Docenten in Göttingen, vor:
„Über die neueste Erdichtung von Urkunden und anderen
Nachrichten, die Geschichte von Cremona betreffend.“
Er weist diesen Aufsatz den der Einsender in das „Archiv“
der historischen Commission aufgenommen wünscht, dieser zur
Prüfung zu.
Gelesen:
Beiträge zur Erklärung des Sophokles.
Von dem w. M., Hrn. Hermann Bonitz.
Kaum dürfte ein anderer Dichter des griechischen Alterthums
in höherem Grade, als Sophokles, die philologische Thätigkeit nament
lich für Erklärung des Einzelnen und für Conjecturalkritik während
der letzten fünf Jahrzehnte erfahren haben. Mag an den Leistungen
G. Her mann's auf diesem Gebiete noch so viel und mit vollstem
Rechte verworfen oder bestritten sein: dass dieselben die lebhafteste
Anregung zur eindringenden Beschäftigung mit Sophokles und die
Grundlage zu einem genauen Verständnisse seiner Dichtungen gegeben
haben, diese Anerkennung muss ihnen unverkümmert bleiben. Die
Menge der seitdem erschienenen erklärenden Ausgaben der gesammten
oder einzelner Tragödien des Sophokles gibt Zeugniss von der Allge
meinheit des Interesses, ein Blick in dieselben zeigt die Einwir
kung Hermanns da nicht minder, wo der Widerspruch gegen ihn, als
wo die Beistimmung vorherrscht. Die Theilnalune für die Sopho-
kleischen Dichtungen auch über den engeren philologischen Bereich
Sitzb. d. phil.-hist. Ci. XVII. ßd. III. Hft. 26