Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 14. Band, (Jahrgang 1854)

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Prof. Loewe. Das speculative System des Rene Descartes etc. 
was da ist, ist Modification des göttlichen Seins, und daher gleich 
falls Beides. Der Gegensatz ist ausgeglichen dadurch, dass er in 
eine Identität gewaltsam verschmolzen ward. Nicht mehr haben beide 
Glieder desselben nöthig, auf einander zu wirken, noch bedarf es 
der intervenirenden Wirksamkeit Gotfe-s, um entsprechende Vorgänge 
in Beiden zu veranlassen. Die Vorgänge in dem Einen sind zugleich 
die Vorgänge in dem Anderen; nur das menschliche Vorstellen 
scheidet sie, nicht die Wirklichkeit. 
War Mailebranche die halbe, so war Spinoza die ganze 
Consequenz der Fehler Descartes’s. Spinoza fand bei Descartes 
die Welt in einer Zwitterstellung halb in, halb ausser Gott. Er 
bedachte sieh nicht lange, er versenkte sie ganz in Gott, und liess 
sie in dem Oceane seines Seins sich auflösen. Nicht mit Unrecht nennt 
ihn daher Hegel einen Akosmisten. Andere haben das Gegen 
stück versucht. Gott ohne Welt — die Welt ohne Gott ■— von 
beiden kann man mit König Lear ausrufen: Auf diesem Wege 
liegtWahnsinn! 
Was wird uns von dieser Alternative erretten? Gewiss nicht 
blos dies, dass wir etwa noch hinter Descartes zurückgingen. Hat 
sich ja doch in dem Inventare der Gebrechen seines Systemes so 
manches Erbstück eben aus jenen älteren Zeiten vorgefunden. Wir 
müssen es wohl auch da anfassen wo Er begann, und an dem was 
wir als das Werthvolle der Cartesischen Lehre bezeichneten, haben 
auch wir festzuhalten. Wie wir es aber anstellen, damit es uns 
besser gelinge, dies umständlich auszuführen, lag nicht in unserer 
diesmaligen Aufgabe. Doch haben wir, wie uns dünkt, es an Andeu 
tungen hierüber gelegentlich nicht fehlen lassen.
	        
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