Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 145. Band, (Jahrgang 1903)

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X. Abhandlung: Mussafia. 
nur ,heraus wickeln', wenn also rensevelir sowol ’6S als ’70 
dieselbe Bedeutung hat, so wird man ,wiedereinwickeln' vor 
ziehen. Nicht ausgeschlossen ist die dritte Möglichkeit, dass 
’68 rensev. die eine, ’70 die andere Bedeutung habe, 1 ,als man 
sie wieder einsargte, wickelte man sie in ein Tuch ein'. 2 Noch 
leichter ginge dies an, wenn man die Lesung in S nicht als 
Ergebniss bedachter Besserungssucht ansähe, sondern annähme, 
dass der Schreiber ’69-’70 aus Versehen übersprungen hat: 
,Thess. salbt den Leib und legt ihn wieder in den Sarg; die 
Damen wickeln ihn ihrerseits in ein Tuch ein'. 
Zu der Erzählung des Scheintodes macht F. gegen den 
Dichter manche Einwendungen. So 
6223 ff. Es ist sehr auffällig, dass Cliges nichts von dem Schlaf 
trünke weiss; man sollte doch annehmen, dass er in alles eingeweiht 
gewesen. Denn wie kann er sich sonst den Scheintod erklären und 
überhaupt hoffen, dass sie wieder aufleben kann, wenn er davon 
nichts weiss? 
Wir müssen uns in den kindlichen Standpunkt hinein 
denken, nach welchem es genügt, dass einer sich stumm und 
regungslos hinstreckt, damit er als todt gelte; die Leute 
kommen, beweinen und bestatten ihn. Hat er vorher eine 
Krankheit geheuchelt, so hat er ein Uebriges gethan. Auf 
diesem Standpunkt steht ja auch Fenice beim ersten Aushecken 
des Planes. So sagt sie zu Cliges 5333: ,je me voldrai feire 
morte, malade me ferai und du wirst kommen und mich aus 
dem Grabe holen', 3 und der Amme gegenüber 5436: si li a 
dit et recorde qu’ eie se viaut malade faindre et .. qu’ a la fin 
morte se fera, et Cliges la nuit V amblera. Der Schlaftrunk 
ist nur eine Zuthat, die allerdings zur Belebung der Erzählung 
wesentlich beiträgt. Cliges weiss also Alles, was er zu wissen 
braucht, sich die so einfache Sache zu ,erklären' fühlt er kein 
1 Bei solcher Annahme gewänne ’68 einigermassen an Berechtigung. 
2 Wenn also F. ebenso übersetzt, so würde er nicht durch ,Verbergen“ 
der Wiederholung dem Dichter einen kleinen Dienst erweisen, sondern 
dessen Meinung getreu wiedergeben. 
3 Am Schlüsse der soeben angeführten Anmerkung sagt F.: ,Richtig ist, 
dass der Dichter es ihm nicht mittheilen lässt, vgl. 5333 ff.“ Fenice kann 
von dem Schlaftrünke an dieser Stelle keine Mittheilung machen, weil 
sie selbst davon noch keine Ahnung hat.
	        
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