I. Abhandlung: Loewy. Der Idealismus Berkeley’s.
l
I.
Der Idealismus Berkeleys
in den Grundlagen untersucht
von
Dr. Theodor Loewy.
I.
Berkeley’s Lehre vom Abstand.
Es gibt Philosopheme, welche gleich schreckhaften
Träumen, die das Bewusstsein Schlafender beunruhigen, die
menschliche Einsicht in ihrem geschichtlichen Fortgange auf
wühlen und quälen, ohne dass es denjenigen, auf welchen sie
wie ein Alp gegenwärtig ruhen und drücken, gelänge, sie abzu
schütteln. Solch ein Gebilde ist meines Erachtens die philo
sophische Lehre Berkeley’s, mit der weder seine Zeit sich abzu
finden vermocht hat, noch auch die unsere bisher zu einer
endgiltigen Auseinandersetzung gelangt ist. Eine der kühnsten
und am festesten vertheidigten Paradoxien, voll Scheinbarkeit
und mit dem Anspruch durchdringender Richtigkeit auftretend,
bezwingt sie durch Gründe, um dennoch ein Gefühl von Un
ruhe im Leser zu hinterlassen, der sich um ein ganzes Stück
seiner gewohnten Welt gebracht sieht. Ist es Einbildung ge
wesen, als er sich schmeichelte, dasselbe zu besitzen, oder ist
es ein täuschend verhüllter Irrthum, der sich vermisst, ihm
jenes gute Theil seines Besitzes zu entziehen?
Um hierin Klarheit zu gewinnen ist es erforderlich, den
Untersuchungen des Denkers nachzugehen, bis die Ursprünge
seiner Gedankenreihen aufgedeckt sind. In den Anfängen
liegen die Irrthümer zwar unscheinbar, und es ist schwierig,
Sitzungsber. d. phil.-bist. CI. CXXIV. Bd. 1. Abh. 1