III. Abhandlung: Bü'dinger. Catull und der Patriciat.
l
III.
Catull und der Patriciat,
eine historische Untersuchung
von
Max Büdinger,
wirkl. Mitgliede der kaiscrl. Akademie der Wissenschaften.
1. Catull’s literarisches Verliältniss zum Staate.
Gatullus hat nach den Forschungen des sechzehnten Jahr
hunderts wieder seit 1829 von philologischer Seite eingehende
und neue Seiten seiner reichen Eigenart erschliessende Prüfung-
erfahren. In einer 1887 erschienenen sachkundigen Schilderung
seiner Vorzüge wird die Verbindung von vollkommener Wahr
haftigkeit und gänzlicher Beherrschung- aller Mittel lyrischer
Kunst gerühmt, welche seine Poesie unvergänglich, ihn selbst
unter den lateinischen Dichtern unvergleichlich mache. Dann
folgt man gern dem Nachweise der umfassenden und mannig
faltigen Studien, welche, völlig in das Seelenleben des so früh
hingeschiedenen Dichters aufgegangen, in freier Hervorbringung
wieder von ihm ausstrahlen. 1
1 ... in hac affectuum veritate gravitateque summa eius posita est virtus
poetica. Cui finltima est mira quaedam simplicitas, quae cum carere
arte videatur, summae artis signum est . . . Talis poesis nulli saeculo
non convenit . . . Hac ratione Catullus inter Latinos poetas sibi parem
habet neminem. Catulli carmina Bernhardus Schmidt recognovit. Editio
major, Lipsiae 1887, p. LXXVIII. Die Uebersicht über Catull’s grie
chische Studien ebendas, von p. LXII an. Der gerechten Würdigung
halber bemerke ich übrigens gleich hier, dass die von B. Schmidt
mehrfach gerühmte Untersuchung von Eduardus a Brundr (de ordine et
temporibus carminum Valerii Catulli in den acta societatis scientiarum
Fennicae t. VII, 599 — 657) zwar erst 1863 in Helsingfors erschien,
aber nach dem Titel am 4. November 1861 vollendet war, also diesem
Sitanngsb. d. phil.-hist. CI. OXXI. Bd. S. Abli. 1