Beer. Die Anecdota Borderiana augustineisclier Sermonen.
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Die Aneedota Borderiana augustineischer
Sermonen.
Von
Rudolf Beer.
JAs erscheint bezeichnend für die geringe Theilnahme,
weiche man der geschichtlichen Entwicklung der lateinischen
Sprache im Allgemeinen, speciell den so lehrreichen Zeugnissen
derselben, den patristisehen Schriften, entgegenbrachte, dass
ein hervorragendes Denkmal dieser Ueberlieferung bis vor nicht
allzuferner Zeit keine entsprechende Würdigung fand: es ist
dies der in prachtvollen Uncialen theils auf Papyrus, theils
auf Pergament geschriebene Codex von Bruchstücken augusti
neischer Werke, welcher jetzt unter der Signatur m. 1. 16 in
der Genfer öffentlichen Bibliothek aufbewahrt wird und allem
Anschein nach mit dem in Schrift und äusserm Habitus völlig
ähnlichen Parisinus lat. Nr. 11641 ursprünglich einen Codex
gebildet hat. Dies nachgewiesen, speciell den Genfer Frag
menten eine in mancher Beziehung erschöpfende Behandlung
gewidmet zu haben ist das Verdienst Henri Bordier’s, des
gelehrten Bearbeiters der ,France protestante' und, nebenbei
bemerkt, eines der hervorragendsten Bibliophilen Frankreichs. 1
1 Die diesem Gelehrten angehörenden BUclierschätze sind zum grössten
Theil in der Campagne Chatelaine hei Genf vereinigt und wurden mir
von dem Director der Genfer öffentlichen Bibliothek Herrn Th. Dufour,
dem ich auch zahlreiche Unterstützungen bei Abfassung der vorliegenden
Arbeit verdanke, aufs Bereitwilligste behufs wissenschaftlicher Forschung
zugänglich gemacht. Sie umfassen nicht blos gedruckte Werke, sondern
auch eine stattliche Zahl von Urkunden und Handschriften (aus dem
10.—15. Jahrhundert), welche auch für die Bibliotheca patrum manches