Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 113. Band, (Jahrgang 1886)

Die Entwicklung der Landreclitsglossc des Sachsenspiegels. 
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Grapen Auszüge daraus in seinem ,Tractat von den sächsischen 
Rechtsbüchern' Cap. VI mitgetheilt hatte. 1 Eine Restitution 
beider Fassungen, namentlich der deutschen, auf Grund der 
ihm damals bekannten fünf Handschriften hat 1854 Homeyer 
versucht, wobei ihm W ,noch nicht vorlag'. 2 
Wenn ich es unternehme, der kritischen Feststellung des 
Prologs von Neuem näher zu treten, so bestimmt mich, dass 
Homeyer’s Arbeit kein treues und erschöpfendes Bild der Ueber- 
lieferung- gewährt. Er benutzt G nicht direct, sondern nach 
Grupen’s Auszügen und nach dem incorrecten Abdruck hei 
Spangenberg, welchen er nicht einmal fehlerfrei excerpiert hat. 3 
Von A besass er ausser einer Collation der lateinischen Fassung 
mit dem ,Codex Grupenianus' eine ,Abschrift des deutschen 
Textes', von der er selbst • einräumt (S. 10), sie sei ,wohl nicht 
immer richtig gelesen'. In der That erweist sich jene Abschrift 
stark corrumpiert. So ist beispielsweise am Schlüsse von Vers 10 
die ursprüngliche Lesart rechtbere 4 (statt recht here), zu richtere 
(Vers 9) reimend, verloren gegangen, welche Lesart allein A 
bewahrt hat, und welche durch Vers 240 des Prologs (Homeyer 
S. 45) belegt wird. B hat den unerlaubten Reim richtere; 
Homeyer folgt der schlechten Leseweise in DL rechtere. 
Aber auch diejenigen Handschriften, welche er ,aus eigener 
Ansicht' kannte (B, D, L), sind mit erheblichen und schwei- 
wiegenden Fehlern wiedergegeben. Hiefiir ein paar schlagende 
Beispiele! 
Bei der lateinischen Fassung hat, wie Homeyer sagt (S. 7), 
,hie und da' ,die übereinstimmende Lesart aller fünf Hand 
schriften den Forderungen des Sinnes oder Reimes mit Beihilfe 
des deutschen Textes weichen müssen'. Unter diesen Fällen 
(Vers 61, 98, 149, 196, 216) steht Vers 61 des Prologs obenan. 
Homeyer emendiert daselbst (S. 30) Her'“ Jude ,nach dem 
deutschen, statt hec lüde A, Herinde BDGL'. Nun lesen 
1 Spangenberg a. a. O. S. 20 ff. 
2 Homeyer, Der Prolog zur Glosse des .sächsischen Landrechts. (Aus den 
Abhandlungen der Berliner Akademie.) Berlin, 1854. 4°. S. 5 f., 25. Vgl. 
dessen Rechtsbücher S. 7. 
3 Siehe unten §. 3 zu Vers 32, 54 der lateinischen Fassung. 
4 reclitbere, ,dem Rechte gemäss“. Homeyer, Prolog S. 52. 
5 Her, die Form der biblischen Vulgata für Ger, Juda’s Sohn.
	        
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