Neuwirtli. Datierte Bilderhandschriften österreichischer Klosterbibliotheken. 571
Datierte Bilderhandschriften österreichischer
Klosterbibliotheken.
Von
Dr. Joseph Neuwirth. 1
Schon frühzeitig war, wie die in den Katakomben er
haltenen Ueberreste von Wandmalereien bezeugen, die Malerei
in den Dienst der christlichen Kunst getreten und hatte mit
der Ausbreitung des Christenthums und dem immer mächtiger
hervortretenden Verlangen, den Glauben durch das Schauen
zu unterstützen und die heilige Geschichte, sowie religiöse
Wahrheiten in anschaulicher Darstellung der grossen Menge
zugänglich und verständlich zu machen, sich zu immer voll
endeteren Leistungen aufgeschwungen. Allein von den vielen
Wandmalereien, als deren Bliitheperiode in den germanischen
Landen die romanische Epoche hervorgehoben werden muss,
haben sich nur spärliche Ueberreste erhalten, die mit den aus
der gothischen Epoche stammenden, durch Ungunst der Zeit
allerdings auch stark reducierten Denkmälern der Wand-, Glas-
und Tafelmalerei die Grundlage für die Entwicklung der Ge
setze und der Geschichte der deutschen Malerei des christlichen
Mittelalters abgeben. Bei den wissenschaftlichen Untersuchungen
für das genannte Gebiet ist wiederholt darauf hingewiesen
worden, dass dem Künstler bei Ausführung seiner Werke be
stimmte, durch die Tradition überkommene Typen Vorlagen,
1 Für gütige Förderung und Durchsicht der Arbeit ist Verfasser zu
besonderem Danke verpflichtet seinem hochverehrten Lehrer Herrn
Dr. Alwin Schultz, ordentlichen Professor der Kunstgeschichte an der
deutschen Universität zu Prag.