Zimmennann. lieber Hrnne's empirische Begründung der Moral.!
705
Heber Hume’s empirische Begründung der Moral.
Von
Robert Zimmermann,
wirkl. Mitgliede der kaiserl. Akademie der Wissenschaften.
E s ist in der Natur der Sache gelegen, dass die Ent
wicklung der praktischen, als eines Theiles der Philosophie
überhaupt, von der Entwicklung dieser selbst abhängig erscheint.
So wenig die letztere als Entwicklung eines Wissens mit jener
der Sachen selbst als des Gewussten, so wenig ist die Entwick
lung der ersteren als eines Theiles jenes Wissens mit der Ent
wicklung ihres Gegenstandes als eines Theiles jenes Gewussten
identisch. Wie die Entwicklung der Wissenschaft von der Natur,
die Physik, von der Entwicklung dieser selbst, so ist die Ent
wicklung der Wissenschaft vom Guten, die Ethik, von jener
des Guten selbst verschieden. Die Veränderungen, welche die
Natur erleidet, sind reale und solche eines Realen, während
die Veränderungen, die eine Wissenschaft erfährt, ideelle und
solche eines Ideellen sind. Nur mit den letzteren hat es die
Geschichte einer Wissenschaft, mit den ersteren dagegen die
Wissenschaft selbst zu thun. Letztere wird daher, -wenn es sich
z. B. um die Wissenschaft des Guten handelt, darauf aus
gehen, die Schicksale darzustellen, welche das Gute ' selbst,
das gute Wollen und Handeln, im Laufe der Zeit erlitten hat,
dessen allmäliges Aufkommen, im engeren oder weiteren Um
kreise der Menschheit sich Behaupten oder schliesslich einer
entgegengesetzten Wollens- und Handlungsweise den Platz
Räumen, mit einem Wort, die Geschichte des Guten wird die
seines Kampfes mit dem Bösen sein. Dagegen, wenn es sich
um die Geschichte der Wissenschaft vom Guten handelt, wird
dieselbe die Schicksale darzustellen haben, welche diese Wissen-