155
daß im Junern der noͤrdlichen Wandung eine durchaus nicht zu enge Treppe bis
zu den Zinnen emporfuüͤhrt und dieser massenhafte Thurm steht auf einer Art
von Tragstein, einem vorspringenden oder unterhöhlten Felsen von so geringer
Dimension, daß wegen des in jedem Momente drohenden Einsturzes nur wenig
Besucher des Schlosses es wagen, den unter dem Felsblock hinführenden Fuß⸗
pfad zu betreten.
Einen herrlichen Ausblick gewaͤhren die durch Zeit und Stürme erweiterten
Fensteroͤffnungen der Nordseite gegen Voitsberg und seine beiden Wächter
Schloß Greißenegg und die melancholische Ruine Ober-Voitsberg, die
sich wie ein cypressenumschattetes Grabmal an eine Gruppe hoher finsterer Tan—
nen lehnt; über diesem effectvollen Mittelgrunde erhebt sich die Glorie der Alpen:
der Speiskogel, die Lenzmayrhöhe, der Geierstein bis zum Grössen—
berge, dem höchsten von allen, dem das Landvolk der tumbaaͤhnlichen Form wegen
den Namen „die Todtenbahre“ beigelegt hat.
Der Stadt Voitsberg, dem Viana der Römer, will man ein noch hö—⸗
heres Alter als Pettau und den ehemaligen Umfang von mehr als einer Meile
beilegen. Der groͤßte in der Richtung gegen Stallhofen gelegene Theil soll ver⸗
sunken sein, der Steinkohlenbau hat jedoch keine Reste zu Tage gefördert und
jetzt ist dem Städtchen selbst das mäßige Viereck seines mittelalterlichen Mauer⸗
Umfanges noch viel zu weit. Außer der alten Pfarrkirche, einem ehemaligen
Carmelitenkloster, nun geistliche Correctionsanstalt, dann der schoͤnen vom Buͤrger⸗
meister Drechsler erbauten Papierfabrik, mit sehr sehenswerthen Wasserwerken,
nun Eigenthum Ferdinand Bruͤhlmeyer's, findet sich hier kein die Aufmerksamkeit
fesselnder Gegenstand. Historisch wichtig ist dagegen das nahe Greißenegg,
seit mehr als 200 Jahren im Besitze der Grafen von Wagensberg, durch sein
läängst ausgestorbenes Rittergeschlecht. Andreas v. Greißenegg spielte in der zwei—
ten Hälfte des 15. Jahrhunderts eine große aber tragische Rolle. Einer der Ver⸗
theidiger Kaiser Friedrich IV. in der Burg zu Wien wurde er später in die Ver—
schwörung Baumkircher's verwickelt; daß er mit diesem zugleich unter dem Beile
des Nachrichters endete, ist unrichtig, doch wurden seine Güter Greißenegg und
Lankowitz confiscirt.
Eine Glasfabrik der Maria Geyer im nahen Orte Oberdorf, mit Braun⸗
kohlenbetrieben, erzeugt minder feine Waaren in großen Massen.
Piber, ehemals Probstei nun Staatsgut, mit einem Aerarialgestütte von
270 edlen Zuchtpferden, erzeugt einen fein gestalteten aber wegen der zu Gebote
stehenden weitläufigen Alpentriften zugleich kräftigen Schlag.
Das Graden⸗Thal umfaßt zwischen Voitsberg und Köflach, dann
in seiner nördlichen Fortsetzung eine Reihe von Eisenwerken, die wichtigsten sind
jene Sr. kais. Hoheit des Erzherzogs Johann zu Obergraden, des Karl
Herzog, dann die Nägeldruckfabrik Karl Hochegger's im Krenhofe.