Full text: Die Staatsbahn von Wien bis Triest mit ihren Umgebungen

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gen um die Felsen schweben; sie gewährt den Eindruck des Schauerlich⸗Großen, 
wenn des Himmels Leuchten verhüllt sind, tiefes Dunkel über den Abgruͤnden 
schwebt, ploͤtzlich aber ein Glutstrom aus der Esse der schnaubenden Locomotive 
die Finsterniß zerreißt, und hier ein majestätisches Berghaupt, dort eine gespenster⸗ 
artige Reihe von Klippen wie im Blitzesschimmer hervortritt. Es ist fürwahr 
eine Fahrt mit dem Flammenwagen Elias des Propheten, und die Täuschung zu 
vollenden läßt hier und dort ein Licht, aus schwindelnder Tiefe unter uns, von 
einer menschlichen Behausung emporflimmernd, vermuthen, wir müßten dem Him⸗ 
mel bereits ziemlich nahe sein. 
Unwillkührlich überkommt uns eine Art markerschütterndes Grauen, eine 
„Gänsehaut“ wie man im gemeinen Leben sagt, doch ist der Eindruck zugleich ein 
wonniger, und immerhin mag man sich dem letzteren Gefüͤhle hingeben, denn nir—⸗ 
gends ist für Sicherheit von Leben und Gut schon im Vorhinein so viel gesche⸗ 
hen, nirgends wird so ausdauernd und emsig gewacht, daß nicht die kleinste Vor— 
sicht zur Vermeidung von Unfällen versäumt bleibe, als eben hier. 
Die Bahn, durchgängig mit zwei Geleisen angelegt, hat schon wegen des 
Gewichtes der hier verwendeten Maschinen, und der Wirkung, die das Bremsen 
der Züge bei dem starken und anhaltenden Gefälle waͤhrend der Thalfahrt noth— 
wendiger Weise auf den Oberbau ausüben muß, in der Construction dieses Letz⸗ 
tern manches Eigenthuüͤmliche. Um Nichts außer Acht zu lassen, was zur Erzie⸗ 
lung von Solidität beitragen konnte, erfolgte seine Ausführung unter strenger 
Aufsicht. 
Vor Allem war man darauf bedacht, Senkungen des Bahnkoͤrpers und jenen 
Beschaͤdigungen desselben vorzubeugen, welche die an manchen Stellen den Boden 
schwängernden Wasseradern, sowie die in den Gebirgsschluchten bei jedem staͤrkern 
Niederschlage sich erzeugenden Gerinne und Wildbaͤche besorgen ließen. 
Der Oberbau erhielt deshalb eine 9“ starke fest geschichtete Stein⸗Unterlage, 
die wieder mit einer gzölligen Schicht geschlegelten Schotters uͤberdeckt wurde. 
Die Querschwellen (Slippers) sind aber nicht, wie bei andern Bahnen, in 
diese versenkt, sondern im Abstande von 3 von Mitte zu Mitte auf Laͤngen— 
schwellen befestigt, wodurch der Druck auf den Bahnkoͤrper nicht auf den ein— 
zelnen Querschwellen concentrirt bleibt, sondern, wie bei der Bedielung gut con⸗ 
struirter Kettenbrücken, auf einen compacten, 6 bis 8 Querschwellen stützenden, Holz⸗ 
rost vertheilt wird. 
Die Schienen, im Gewichte von 24 Pfund für den Currentfuß und wie ein umge⸗ 
kehrtes T geformt, aus dem stärksten Eisen angefertigt, sind an ihrem Zusammen⸗ 
stoße durch starke Eisenzulagen (Lappen) von jedem Ende mittels zwei sorgfaͤltig 
gearbeiteter, die Schienen durchgreifender Schraubenpolzen zusammen gekuppelt, 
wodurch jedem Ausweichen der Schienenende in verticaler wie in horizontaler Richtung, 
somit der am häufigsten vorkommenden Ursache der Entgleisungen, vorgebeugt ist.
	        
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