22
G. L. P. Tafel.
Ascet und Anachoret nach Neigung und früher Wahl wurde
Theophanes später Aht eines der zahlreichen Klöster, durch welche
Bithynien vor anderen Provinzen des Reiches sich auszeichnete. Hier
war es, wo sein Glauhensmuth auf die Probe gestellt werden sollte:
wir meinen die Zeit, wo die Verfolgung der altgläubigen Kirche
durch Leo den Isaurier eine hohe Stufe erreicht hatte, denselben
Kaiser, welcher das Reich gegen die andringenden Heere der nörd
lichen und östlichen Feinde klug und tapfer vertheidigte, aber wie sein
Sohn und Nachfolger Konstantinus Kopronymus durch Hinneigung zum
Purismus der neuen Lehre von Mecca sich denselben Verdacht der
Saracenenfreundschaft zuzog, welchem in späterer Zeit ein anderer
höherbegabter, edelsinniger Fürst, Friedrich II. von Schwaben,
nicht zu entgehen vermocht hat. In peinliches Verhör genommen,
zur Abschwörung der Bilderaifbetung aufgefordert, blieb der fromme
Hüter seiner Mönchsgemeinde dem Glauben der orthodoxen Kirche
treu, und büsste seinen Widerstand gegen den kaiserlichen Willen an
fangs durch längere Haft in einem Kloster von Byzanz, zuletzt durch
Einsperrung auf der Felseninsel Samothrace, wo er bald sein Leben
beschloss; die Kirche ehrt ihn als Confessor unter ihren Heiligen.
Zeitgenosse und Freund des Mannes war Georgius, mit dem
Zunamen Syncellus, ein Titel, der mit dem eines Coadjutors des
Patriarchen von Konstantinopel — Tarasius hiess der damalige
gleichbedeutend ist. Diesem Gelehrten des achten Jahrhunderts
verdanken wir eine Universalchronik von Erschaffung der Welt bis
zum Ende des dritten Jahrhunderts, welche als ein Hauptwerk für
ältere Geschichte und Zeitrechnung angesehen wird, und erst im
Anfänge unseres Jahrhunderts eine kritische Beleuchtung der zu
Grunde liegenden Quellen durch G. G. Bredow erhalten hat; die
chronologische Seite hatte längst der gelehrte Goar einer genaueren
Untersuchung unterzogen. Die von Georgius unvollendet gebliebene
Arbeit überkam Theophanes als Vermächtniss des sterbenden Freun
des; er sollte dieselbe von der Regierung Diocletian’s bis zu seiner
Zeit fortsetzen. Ohne Zweifel gelangten zugleich die literarischen
Mittel in seinen Besitz, aus denen Georgius bereits geschöpft hatte
und noch ferner schöpfen wollte; wir lernen dieselben aber bei ihm
wie bei seinem Vorgänger nur aus gelegentlichen Anführungen ken
nen, obwohl dazu auch bei ihm in der Vorrede die geeignete Stelle
gewesen wäre, worin sich der Fortsetzer beider, Georgius Cedrenus