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Ferdinand Wolf.
keit und Grösse gelegt wurden; indem es aus dem engeren Kreis
der Kirche und aus seiner Abhängigkeit von der Liturgie auf den
„lauten Markt” unter das Volk hinaustrat und mit mehr Selbststän
digkeit sich zur Volksbühne gestaltete. Es liegt in der Natur der
Sache, dass solche für das Volk geschriebene und von dem Volke
dargestellte Stücke von geringerem Umfange, gleich den fliegenden
Blättern durch Verbrauch und Nichtbeachtung dem Verderben
preisgegeben, sich in nur sehr geringer Anzahl erhalten haben;
und selbst die gelehrtesten und umsichtsvollsten Geschichtsschreiber
des spanischen Dramas, von Schack und Ticknor, die das
reichste Material mit grossem Eifer zusammenzubringen suchten,
haben sich mit der Autopsie von ein paar solchen Stücken, mit spär
lichen Notizen von da und dort zerstreuten ihnen unzugänglich ge
bliebenen ähnlichen Seltenheiten, und mit Vermuthungen und Schlüs
sen auf grösseren einst vorhanden gewesenen Reichthum begnügen
müssen 1 ). Um so kostbarer und merkwürdiger ist der erwähnte
’) Vgl. v. Schack, Gesch. d. dramat. LU. und Kunst in Spanien. Bd. I.
S. 195, 203 — 205, wo er sagt: „Die gegenwärtig noch vorhandenen
Stücke der letztgenannten Art aus der Zeit vor 1550 sind unstreitig nur
ein sehr geringer Theil des ursprünglichen Vorrathes. Man kann da
her zweifeln, ob von diesen Resten ein Schluss auf die ganze Gattung
erlaubt sei.” — Auch Ticknor, Geschichte der spanischen Literatur,
ins Deutsche übersetzt von N. H. Julius, Leipzig 1852, 8., Th. I,
S. 444 — 447, kennt nur sieben solcher Stücke aus Autopsie, die sich,
in einen Band zusammengebunden, im Besitze des berühmten Bibliophilen
Henri Ternaux-Oompans befanden. — Ebenda, S. 444, Anm. 3, habe
ich auf einen ähnlichen Sammelband in der Bib 1 iotheca Heberiana
hingewiesen.—Als einen Beweis von der ausserordentlichen Seltenheit sol
cher Stücke kann man auch ansehen, dass die k. k. Hofbibliothek, — die, wie
Herr Baron von Münch in seiner unlängst erst hier vorgelegten Abhand
lung : „Ueber die älteren Sammlungen spanischer Dramen,” nachgewiesen
hat, unter die im Fache des spanischen Dramas reichsten Bibliotheken
der Welt gehört, — von Stücken der Art aus der ersten Hälfte des 16.
Jahrhunderts nur ein Paar hat, nämlich, so viel mir bewusst, nur die
beiden nachstellenden allerdings sehr merkwürdigen und fast ganz unbe
kannten :
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