Ueber die Quellen der deutschen Wirtschaftsgeschichte.
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für verwandte Disciplinen (Rechtsgeschichte, Staatslehre etc.)
erhofft werden, da der lebendige Zusammenhang des Wirth-
schaftslebens mit allen übrigen Zweigen des menschlichen Ge
sellschafts- und Culturlebens in vorangegangenen Zeiten ebenso
wie in der Gegenwart wirksam gewesen ist.
Zunächst gilt es nun, die nationale Wirthschaftsgeschichte
klar zu stellen und ihren Quellenkreis erschöpfend zu durch
forschen. Diese Beschränkung der Aufgabe wird wohl kaum
einer besonderen Entschuldigung bedürfen. Sie ist einerseits
durch das Bestreben hervorgerufen, den überreichen geschicht
lichen Stoff, der noch unbenützt, ja ungelcannt ist, wenigstens
einigermassen bemeistern zu können, und die Untersuchungen
über Wirthschaftsgeschichte den reich angebauten und gut ge
pflegten Gebieten der deutschen Rechtsgeschichte als unerläss
liche Ergänzung anzureihen; denn nur auf diesem Wege lässt
sich hoffen, eine auch nur annähernde Vollständigkeit zu er
zielen und die fruchtbaren Anregungen genügend zu vemverthen,
welche von den reichen allgemein geschichtlichen und speciell
rechtsgeschichtlichen Erforschungen deutschen Volkslebens
ausgehen.
Dann aber ist hiefür der entschieden tiefer liegende
Grund massgebend, dass das deutsche Volk sich überhaupt und
besonders in den früheren Perioden seiner Geschichte sein-
eigenartig entwickelt, und insbesondere, dass es die Ursachen
seiner frühen wirthschaftlichen Blüthe überwiegend bei und
durch sich selbst erzeugt hat.
Gerade je mehr wir im Allgemeinen anerkennen, dass
die sich gleichbleibende Menschennatur und ihr Verhältniss
zur Welt des natürlichen Daseins auch dem Wirthschaftsleben
eine gewisse Gesetzmässigkeit seiner Entwickelung und seiner
Functionen erzeugen, die unabhängig von der Entwickelung
der staatlichen Ordnung und Gesetzgebung wie von der aus
drücklichen Anerkennung durch die betheiligten Kreise und
Classen ist; je mehr wir im Allgemeinen im Wirthschaftsleben
nur eine Aeusserung des socialen Lebens erblicken, da es
auch ein Erzeugniss der Bewegungsgesetze des menschlichen
Daseins überhaupt ist: um so eher werden wir zuzugestehen
geneigt sein, dass diese Gesetze ihre Wirksamkeit nicht in der
monotonen Weise einer mechanischen Weltordnung, sondern in