Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 84. Band, (Jahrgang 1876)

Ueber die Quellen der deutschen Wirtschaftsgeschichte. 
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in Massenzahlen und messbaren Grössen als in Einzelschilde 
rungen und unbestimmteren Nachrichten Aufschlüsse über 
frühere Zustände und Vorgänge der Wirthschaft bieten. Hier 
beginnt die eigentliche Aufgabe der Wirthschaftsgeschichte. 
Wie wenig aber dafür noch bis jetzt geleistet, wie weit 
die wissenschaftliche Arbeit in der Nationalökonomie noch 
davon entfernt ist, wahrhaft historisch zu sein, das ist wohl 
nicht drastischer und überzeugender zu erweisen, als durch die 
Thatsache, dass sie noch nicht einmal einen ungefähren Ueber- 
blick über die Quellen besitzt, aus welchen diese historische 
Kunde geschöpft werden muss. Es wird nicht gewagt sein, 
zu behaupten, dass weder in der ganzen weitläufigen Literatur 
der Nationalökonomie, noch der verwandten Disciplinen der 
Rechts- und Staatslehre, aber auch ebensowenig in der ganzen 
historischen Literatur irgend ein Versuch existirt, die Quellen 
der Wirthschaftsgeschichte zu bezeichnen und auch nur ganz 
ungefähr in Bezug auf die Sicherheit und Lauterkeit ihrer An 
gaben, ihr Alter und ihr Geltungsgebiet zu untersuchen. 
Dabei soll in keiner Weise verkannt werden, was die 
Wissenschaft in der Richtung auf ein historisch begründetes 
Verständniss unserer Wirthschaftszustände bisher geleistet hat. 
Die historische Arbeit auf dem Gebiete der Nationalökonomie 
hat sich seit langer Zeit und in keineswegs unfruchtbarer 
Weise bemüht, sowohl die lange bekannten Thatsachen der 
Entwickelung unserer materiellen Cultur unter grossen leitenden 
Gesichtspunkten zusammenzufasseu, als auch neue ökonomisch 
wichtige Thatsachen aus der Vergangenheit an’s Licht zu 
stellen. 
Von Bacon und Montesquieu bis auf List, Hegel und 
Stein ist diese im Geiste einer Philosophie der Geschichte ge 
haltene wirthschafts-wissenschaftliche Geschichtsconstruction be 
strebt, uns den Zusammenhang der Ereignisse und die Ursäch 
lichkeit ihrer Aufeinanderfolge zu deuten; aber bei der 
Dürftigkeit unseres positiven historischen Wissens über die 
Wirthschaft vorausgegangener Geschlechter ist diese Richtung 
doch nicht viel weiter gekommen, als zu einer historischen 
Kategorisirung, deren schematische Constructionen theils un 
befriedigt lassen, weil sie gegenüber dem Rcichthum der ge 
schichtlichen Bildungen allzu dürftig sind, und theils geradezu
	        
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