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T o m a s c h e k.
leitete unerlaubter Weise die fehlenden Artikel auf der andern
Seite des Pergaments nachzuholen, und erklärt schliesslich die
Bitte der Bürger erfüllen und die auf beiden Seiten geschrie
benen Artikel in den Räum einer einzigen Urkunde einschliessen
zu wollen (omnia jura ipsorum, que ab utraque parte inscrip-
serat, unius litei-e continentia concludere). (Siehe Gaupp, das
alte Magdeburgische und Hallische Recht, S. 50 If.) Das Stadt
recht K. Wenzels I. für Brünn vom Jänner 1243 ist in zwei
im Brünner Stadtarchiv befindlichen Urkunden von mässigem
Format enthalten. Das Pergament ist bloss auf einer Seite
beschrieben, doch heisst es am Schlüsse der ersten Urkunde:
Sunt et alie leges, libertates et jura necessaria civitati, que,
quoniam omnia presens pagina fuit insuffieiens continere, in
hoc etiam dilectorum civium nostrorum de Bruna de gratia
speciali preces decrevimus admittendas, ut ea, que restant, sub
nostris possint sigillis in alio volumine plenius annotare. Die
andere ebenfalls datirte Urkunde fängt an: Hec sunt libertates,
leges et jura, que in majori privilegio non poterant contineri,
que tarnen nihilominus volumus per omnia rata esse et firma
et ut prescripta inviolabiliter observari. So gab K. Ottokar
der Stadt Tulln an demselben Tage, den 27. October 1270 zwei
Stadtrechtsprivilegien mit demselben Eingang und denselben
Zeugen (Lorenz, deutsche Gesell. I. 467 u. 469), und wie wir
gesehen haben auch H. Rudolf III. den Städten Krems und
Stein zwei Privilegien mit verschiedenem Eingänge aber den
selben Zeugen. So gab auch K. Rudolf I. selbst am 24. März 1277
dem Schottenkloster zwei Privilegien, in deren einem er ein
eingerücktes Privileg H. Friedrichs II., in dem andern ein
früheres Privilegium H. Leopolds bestätigt. (Urkb. für das
Schottenkloster. Fontes XVIII. 65, 66.) Am 18. Mai 1277 gibt
K. Rudolf dem Stifte Freising mehrere Privilegien, Tags darauf
abermals mehrere, am 21. und 23. Mai abermals (Siehe Cod.
dipl. Austriaco-Frisingensis bei Zahn. Fontes XXI, S. 349,
351, 352, 353, 354, 355, 356, 357, 359, 361). Waren es daher
nicht graphische Gründe, die die Kanzleien nöthigten mehrere
besondere Urkunden zu derselben Zeit auszustellen, so konnte
der Grund auch in der Verschiedenheit der in ihnen enthal
tenen Gegenstände liegen.