Die beiden Handfesten König Rudolfs I. für die Stadt Wien.
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legien gegeben haben solle. Dies behebt sich nun, seitdem aus
einer zuverlässigeren -handschriftlichen Grundlage das Datum
der Urkunde a dahin rectificirt wurde, dass sie an demselben
Tage wie die Urkunde b, somit beide Urkunden am 24. Juni 1278
ausgestellt wurden. Dass aber an demselben Tage einer und
derselben Stadt mehrere Urkunden gegeben wurden, erklärt
sich bei Schriftstücken von solchem Umfange, wie es die Stadt
rechte gewöhnlich sind, aus graphischen Gründen von selbst,
indem der Raum eines Pergamentbogens, der übrigens sowohl
in der kaiserlichen als auch in den landesfürstlichen Kanzleien
im XIII. und XIV. Jahrhundert nur auf einer Seite beschrieben
werden durfte, zur Aufnahme des ganzen Inhalts nicht aus
reichte. Erst im XV. Jahrhundert wurde es gewöhnlich Stadt
rechtsurkunden nicht mehr auf einem oder mehreren nur auf
einer Seite beschriebenen Pergamentblättern auszufertigen,
sondern auf mehreren von einer Schnur durchzogenen Pei-
gamentbogen, an der sodann das Siegel angehängt wurde, so
dass sie die Gestalt förmlicher Hefte annehmen. Das erste
uns bekannte Beispiel dieser Art ist für Wien das Stadtrecht
K. Friedrichs III. vom 5. Juli 1460, das ein Heft von 18 Per
gamentblättern bildet, an denen die goldene Bulle hängt. Ebenso
das gleichfalls mit der goldenen Bulle versehene Sadtrecht
desselben Kaisers vom 13. Jänner 1493 für die Städte Krems
und Stein. Dies wurde denn auch unter den nachfolgenden
Kaisern Sitte. Das Stadtrecht K. Maximilians I. für Wien
vom 20. November 1517 bildet ein Heft von 8, die Stadt
ordnung K. Ferdinands I. ein Heft von 30, die K. Maximilians II.
vom 26. September 1564 sogar von 55, das Burgfriedenspri
vilegium K. Leopolds I. vom 15. Juli 1698 von 10 Pergament
blättern. Im XIII. Jahrhundert aber hielt man noch daran fest,
das Pergament nur auf einer Seite zu beschreiben. Die Bürger
von Breslau hatten sich im J. 1283 erlaubt, eine Rechtsmit-
theilung von Magdeburg auf der Rückseite des Pergaments
fortzusetzen. II. Heinrich IV. bestätigte sie zwar, äussert sich
jedoch sehr ungehalten über das eigenmächtige Vorgehen der
Breslauer Bürger, schreibt aber die Schuld davon der Nach
lässigkeit oder Trägheit der ursprünglichen Ausfertiger der
Urkunde zu, die wegen der Kürze des Pergamentblattes einige
nothwendige Artikel wegliessen, was die Breslauer Bürger ver-