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Formelle Bedenken.
Nachdem, wie wir glauben, aus dem bisherigen Gange
unserer Untersuchung mit überzeugender Kraft hervorgeht,
dass beide uns erhaltenen Formen der Rudolfinischen Urkunden
die wahren Privilegien K. Rudolfs I. für Wien sind, dass aus
ihrem Inhalt keine sachlichen Gründe gegen ihre Echtheit
geschöpft werden können, viele der geäusserten Bedenken viel
mehr in positive Beweise für die Urkunden sich umgestalten,
dass auch ausserdem directe Gründe für ihre Echtheit ein-
treten, übergehen wir zu den äusseren oder formellen Bedenken.
Allerdings könnten wir uns vielleicht damit zufrieden stellen,
wenigstens ihre innere Unbedenklichkeit zur Anschauung ge
bracht zu haben und in irgend einer Weise versuchen über
die aus der Form der Urkunden abgeleiteten Verdachtsgründe
hinwegzuschlüpfen. Auch Lorenz geht bei seiner Hypothese
über die in dem Datum und den Zeugen liegenden Schwierig
keiten eigentlich doch hinweg. Doch glauben wir damit unsere
Aufgabe nur unvollkommen gelöst zu haben. Denn ursprünglich
wurden die Zweifel an der Echtheit unserer Urkunde doch
nur durch die von Böhmer ausgesprochenen formellen Bedenken
hervorgerufen. War der Argwohn einmal geweckt, dann bekam
er allerdings Argusaugen, es wurde an ganz unverfänglichen
Bestimmungen so lange gedreht und gedeutelt, bis sie zu un
erhörten Ansprüchen des Stadtrathes, unmöglichen Concessionen
Rudolfs an die Bürger anschwollen. Gelänge es uns daher
nicht auch die formellen Verdachtsgründe in plausibler Weise
zu beseitigen, so müssten wir wohl auf die Hoffnung ver
zichten den einmal wachgerufenen Verdacht zum Schweigen
gebracht zu haben. Damit wäre aber auch der Werth dieser
Urkunden nur ein precärer für die wissenschaftliche Forschung,
und man würde es kaum wagen dürfen sich auf sie als eine
zuverlässige Grundlage und als unbedenkliche Quellen zu be
rufen.
Gehen wir daher in die formellen Bedenken ein, so wurde
zuerst als befremdend hervorgehoben, dass K. Rudolf der Stadt
Wien in dem Zeiträume von vier Tagen zwei so wichtige Privi-