Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 7. Band, (Jahrgang 1851)

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jetzt der Schulzwang eingeführt war, von welchem man früher 
nichts gewusst hatte, auch klagte die Geistlichkeit, dass nun 
die Leitung des Volksschulwesens jeder Provinz an einen von 
der Regierung aufgestellten Schulenoheraufseher überging, der 
seinerseits unter dem Gubernium stand, welches wieder unter 
der Centralleitung zu Wien sich befand , und demzufolge der 
Einfluss der Geistlichkeit auf die Volksschulen sehr gering war. 
Eine sehr schwierige Aufgabe blieb noch zu lösen übrig. 
Es war die Festsetzung eines neuen Gymnasial-Studienplanes. 
Dass man den alten Plan der Jesuiten nicht wolle, darüber war 
man an dem Centralpuncte der Regierung einig; aber was man 
sonst wolle, darüber bestand (1774, 1775) eine bedeutende 
Meinungsverschiedenheit unter den Männern, welche das grosse 
Wort zu reden hatten. Martini, welcher schon damals einer der 
einflussreichsten Männer im Staate war, verwendete sich für 
den Plan des Professors von Hess, welcher die Geschichte, und 
die Ilofräthe von Koller und Birkenstock für einen andern Plan, 
welcher die griechische Sprache zur Hauptsache in den Gymna 
sien machen wollte. Jeder dieser Plane hätte die alte Brauch 
barkeit der Gymnasien als der Mittelstufe zwischen der Volks 
schule und den Facultäts-Wissenschaften vernichtet, der Zufall 
aber brachte einen dritten Plan zur Geltung, nach welchem das 
Latein die Hauptsache blieb, auf die Cullur der deutschen 
Sprache hingewirkt und ziemlich viel an Realkenntnissen ge 
lehrt wurde. Dadurch wurde bis zum Jahre 1803 ein Zustand 
erhalten, welcher in der Hauptsache aut den alten Ideen über 
die Bestimmung der Gymnasien beruhte. 
Fast gleichzeitig (1775) wurde auch in der Theologie ein 
neuer von dem Abte Rautenstrauch entworfener Studienplan, 
welcher sich mit unwesentlichen Veränderungen bis gegen 1840 
erhielt, eingeführt. Seine Grundfarbe war das gallicanische 
System, verbunden in Rücksicht der Lehrgegenstände mit eini 
ger Nachahmung der protestantischen Universitäten. Verände 
rungen in der juridischen Facultät fand man noch nicht an der 
Zeit, bevor nicht die neue Justizgesetzgebung zu Stande komme, 
und jene in der philosophischen Facultät waren unbedeutend. 
Auch in Ansehung der Studenten-Seminare liess man es mei 
stens bei dem Alten. Aber wichtig war die Veränderung an den
	        
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