Heber die Entstellungszeit des Schwabenspiegels.
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wird, ist natürlich nicht, abzusehen, wesshalb das bei der Ge
sammtbelehnung nicht ebenso platzgreifen soll, wie in andern
Fällen. Wir werden eher zu sagen berechtigt sein, es scheint
das so selbstverständlich, dass es auffallen kann, dass der
fepiegler es für nöthig hält, den Fall besonders zu erwähnen.
Und das um so mehr, als dieser Fall zweifellos nur höchst
selten vorkam. Die Gesammtbelehnung ist zu fassen als eine
durch Billigkeitsrücksichten veranlasste Abweichung vom älteren
strengeren Recht; ihr Zweck ist einmal, für den Unterhalt
mehrerer Brüder zu sorgen, dann beim erblosen Tode des einen
Bruders den lehnsfähigen Nachkommen der andern Erbrecht
zu gewähren, das Gut dem gesammten Mannsstamme zu er
halten. Beim geistlichen Bruder entfallen diese Gesichtspunkte;
für seinen Unterhalt war in der Regel durch Pfründen genügend
gesorgt, und wenigstens lehnsfähige Nachkommen konnte er
nicht hinterlassen. So wird der Fall der Gesammtbelehnung
des Pfaffen mit dem Bruder ein so seltener gewesen sein, dass
es, wenn auch immerhin möglich, doch sehr unwahrscheinlich
ist, dass der Spiegler ohne bestimmtere Veranlassung auf ihn
verfallen sein sollte. Deuteten nun unsere früheren Ergebnisse
auf das Jahr 1275, lässt sich weiter nachweisen, dass gerade
in diesem Jahre ein solcher Fall viel besprochen sein muss,
so wird der Schluss doch kaum zu gewagt sein, dass eben
dieser Fall die Angabe beeinflusst haben wird.
Es handelt sich um den Fall Philipps von Kärnthen, den
einzigen im ganzen Jahrhunderte, bei welchem in Fürsten
häusern die Mitbelehnung eines geistlichen Bruders vorkommt.
Es hat sich in Abschrift eine Urkunde erhalten, durch welche
König Wilhelm 1249 auf Bitten Herzog Bernhards dessen
Söhnen Ulrich und Philipp, Erwähltem von Salzburg, das
Herzogthum Kärnthen in solidum leiht, so dass, wenn Ulrich
ohne lehnsfähige Nachkommen stirbt, Philipp das Herzogthum,
wie andere Herrschaften und Würden seines Vaters erhalten
soll, ad que et qnos opere divina feliciter gubernandos habilitamus
te de nostre plenitudine regle potestatis, quiescente prorsus obiectu,
quod in Saltzburgensem archiepyscopum es electus, consecrandus
aut etiam consecratus, ac quavis legalia contraria non obstante;
Böhmer Acta selecta 297. Ich habe schon früher die Echt
heit der Urkunde zu verthejdigen gesucht; vgl. Reichsfürsten-