Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 77. Band, (Jahrgang 1874)

Kant und die positive Philosophie. 
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Menschen sei, gilt ihr wie jener als ausgemacht; die Grenzen 
des Sinnes sind ihr auch jene des Erkennens. Was sich nicht 
durch die Beobachtung verificiren lässt, ist überhaupt nicht 
verificirbar. Das Uebersinnliche, es sei nun persönlich oder 
unpersönlich, ein Gott oder eine blosse Idee, ist kein Gegen 
stand der Erkenntniss, sondern der Einbildungskraft. Wissen 
schaften vom Uebersinnlichen, Theologie wie Metaphysik, sind 
nur Scheinwissenschaften. 
Mit klaren Worten hat Bacon, das Vorbild Comte’s, das 
Nämliche ausgesprochen. Alle gesunden Köpfe (tous les bons 
esprits), heisst es (Cours de philos. Par. 18641. p. 12), wiederholen 
seit ihm, dass jede wirkliche Erkenntniss sich nur auf Thatsachen 
der Beobachtung gründen kann. Gott, Natur und Mensch sind 
nach Bacon die Objecte der Philosophie. Sofern die Erkenntniss 
des ersten aus der Offenbarung fliesst, ist sie ein Glauben, sofern 
sie aus der natürlichen Erkenntniss stammt, kein Wissen. Wäh 
rend die äussere Natur (der Inbegriff alles Sinnen fälligen) den 
Intellect im geraden Strahle (radio directo) trifft, berührt die 
(übersinnliche) Gottheit denselben wegen der ,Unangemessenheit 
des Mittels' (propter medium inaequale, der Sinnlichkeit) nur 
im zurückgeworfenen (radio tantum refracto). Ebensowenig 
ist der dem Menschen eingehauchte (übersinnliche) Geist (spira- 
culum) wissenschaftlich erkennbar; nur die physische Seele, 
ein dünner, warmer Körper, ist ein Object wissenschaftlicher 
Erkenntniss. Beides Uebersinnliche ausgeschieden, bleibt als 
einziger Gegenstand der (durchaus sinnlichen) Erkenntniss das 
Sinnliche, die Natur mit Einschluss der physischen Seele, 
d. i. der Inbegriff aller sinnlichen Erscheinungen übrig. 
Hobbes, Locke und deren französische Nachahmer haben 
auf diesem Grunde fortgebaut. Die speculative Naturphilo 
sophie hat nach Bacon die Erkenntniss, die operative die An 
wendung der Naturgesetze, die philosophische Anthropologie 
(philosopliia humana) den Menschen als Einzelnen, die Politik 
(philosophia civilis) denselben als Glied der Gesellschaft zum 
Gegenstand. Während er noch die Anthropologie in eine Lehre 
vom Leibe und eine von der Seele und demgemäss Bewegungen 
und Empfindungen unterscheidet, hebt Hobbes diesen Unter 
schied auf. Gegenstand der Philosophie sind nur Körper; 
unkörperliche Substanzen ein Unding. Alle realen Vorgänge, 
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