Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 68. Band, (Jahrgang 1871)

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Pfizmaier. 
geschöpft hatte, verwandelte sich in eine steinerne Gestalt, 
deren Haupt mit demjenigen eines Huhnes Aehnlichkeit hatte. 
Die Menschen der Gegend nennen den Ort: Berg, des Huhnes. 
Das Wasser daselbst ist die Seitentiefe Ngo’s, 
Die Geschichte denkwürdiger Wunder sagt: 
Im vierten Jahre des Zeitraumes I-hi (408 n. Chr.) verlor 
U-tao-tsung aus dem in der Provinz Tung-yang gelegenen Di- 
stricte Ta-tschü in seiner Jugend den Vater. Er wohnte allein 
mit seiner Mutter. Als Tao-tsung einst Schulden einforderte 
und nicht zu Hause war, hörten die Nachbarn in dem Hause 
ein Gepolter. Sie spähten, aber sahen nicht die Mutter. Es 
war blos ein schwarzgestreifter Tiger, der sich in dem inneren 
Hause befand. In den Krümmen des Bezirkes herrschte Schrecken 
und Furcht. Man besorgte, dass der Tiger eindringen und die 
Mutter aufzehren könne. Man rührte sogleich die Trommel, 
versammelte Leute und ging gemeinschaftlich hin, um ihr Hilfe 
zu leisten. Man umzingelte das Wohnhaus und drang ungestüm 
vor. Man sah aber keinen Tiger. Man sah blos die Mutter, 
die wie gewöhnlich redete. Man konnte sich nicht erklären, 
was dieses bedeute. Als der Sohn zurückkam, sagte die Mutter 
zu ihm: Ein verjährtes Verbrechen wird erforscht. Es wird 
eine Verwandlung geben. —- Einen Monat und einen Tag später 
vermisste er sofort die Mutter. Innerhalb der Grenzen des 
Districtes entstand oft Unglück durch Tiger. Allgemein sagte 
man, es sei ein schwarzgestreifter Tiger. Die hundert Ge 
schlechter des Volkes geriethen darüber in Besorgniss. Man 
sandte Menschen aus, die ihn mit Pfosten angriffen. Er tödtete 
mehrere Menschen. Später schoss ein Mensch nach dem Tiger 
und traf ihn in die Brust. Zugleich stach er nach ihm mit 
einer Hakenlanze und traf ihn in den Bauch. Gleichwohl 
konnte man ihn nicht sofort erlegen. Nachdem einige Tage 
vergangen, kehrte der Tiger in das Haus zurück und legte sich 
auf das Bett. Er war nicht fähig, wieder die menschliche Ge 
stalt anzunehmen. Er lag auf dem Bette und starb. Der Sohn 
rief mit lauter Stimme, weinte und begrub seine Mutter nach 
der Vorschrift. Er schloss die Augen am Morgen, wehklagte 
und überwachte.
	        
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