Studien zu den Argonautica dös Valerius Flaccus.
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auch in der Benützung einzelner Verse aus dem Eingänge seiner
Aratea offenbart 2 ), sondern an die bedeutungsvollen Worte (15 ff.):
spielt, welche in Lyon ihren für Domitian sehr unerwünschten Abschluss
fand (vgl. Jmhof S. 29 ff.). Man sieht, dass in diesem Falle der Titel
allein nicht entscheidende Beweiskraft hat. Nun erheben sich aber gegen
die Autorschaft des Germanieus, des Sohnes des Drusus, gegründete Be
denken. Da nach v. 558 ff. das Gedicht erst nach dem Tode des Augustus
abgefasst ist, so müsste unter genitor im zweiten Verse des Prooemium
Tiberius zu verstehen sein; wie komisch es sich aber ausnimmt, wenn
der siebenundzwanzigjährige Germanieus (so alt war er nämlich beim
Regierungsantritte des Tiberius) diesem die Erstlinge seiner gelehrten
Müsse weiht, das hat Rutgers mit Recht hervorgehoben und diesen Grund
wird man mit aller Künstelei nicht hinwegdeuteln können. Jedenfalls
war Germanieus schon bei Lebzeiten des Augustus als Dichter aufgetreten,
wie man wenigstens aus Plin. N. H. VIII, 42, 155 scliliessen kann, so
dass er die Aratea nicht als primitias bezeichnen konnte. Auch die viel
fachen Aeusserungen des Ovid über Germanieus als Dichter (Fast. I,
19 ff., ex Pont. II, 5, 53 ff., IV, 8, 67 ff.) machen keineswegs den Ein
druck, als ob dieser erst in den Jahren 15—17 n. Chr. schüchterne Ver
suche in der Dichtkunst gemacht habe. Dagegen passt alles im Prooe
mium auf Domitian; er konnte recht wol seine dichterischen Studien,
welche er als Maske anzunehmen für gut fand, mit einer Uebersetzung
des Aratos beginnen und hatte seine guten Gründe mit einer Widmung
derselben vor seinen Vater hinzutreten. So erklärt sich, genitor ganz un
gezwungen und die Verse 9 f. si non tanta quies te praeside puppibus
aequor cultorique davet terrae, procul arma silerent, sowie die Worte pax
tua (v. 16) beziehen sich auf die Schliessung des Janustempels, welche
nach Beendigung des Judäischen Krieges im September des Jahres 70
erfolgte (Oros. VII, 9). Ein weiterer Grund für Domitian als Verfasser
der Aratea liegt darin, dass Valerius den Eingang dieses Gedichtes für
sein Prooemium benützt hat. Wer kann verkennen, dass genitor bei Va
lerius (v. 16) auf jenes genitor (im zweiten Verse der Aratea) zurückgeht;
auch sind die Verse 17 f. neque enim Tyriis Cynosura carinis certior aut
Grats Helice servanda magistris offenbar mit Rücksicht auf v. 40 f. dat
Qrais Helice cursus maioribus astris, Phoenicas Cynosura regit, v. 21 haec
ut Latias vox impleat urbes mit Hinblick auf v. 15 haec ego dum Latiis
conor praedicere Musis gedichtet, indem sich Valerius als Bearbeiter der
Argonautica des Apollonios Rhodios dem Domitian als Uebersetzer des
Aratos gegeniiberstellt. Ueberhaupt lässt, sich jene Weissagung von der
einstigen Verwandlung des Vespasian in ein glänzendes Sternbild an die
ser Stelle nur begreifen, wenn man sich die Beziehung auf die Aratea
des Domitian klar macht. Dass dieser ausser den Aratea sich auch noch
in der epischen Dichtung versucht, wenigstens ein Epos begonnen hat,
erhellt aus Quintilian X,'1, 91 und wahrscheinlich wird dieses Epos nach
Valerius (12 ff.) den Judäischen Krieg zum Gegenstand gehabt haben.