Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 68. Band, (Jahrgang 1871)

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Haupt. Bruder Philipps Marienlehen. 
Eben so hat die Recension, die mit dem Evangelio 
Nicodemi combiniert ist, in der Wiener Hs. Suppl. 2560 
das ursprüngliche Format eingehalten. 
Von der Admont-Bamberger Recension bleibt das 
pergamentene Bamberger Blatt bei der alten Form, die Ad 
ln onter Hs. ist in 8° abgewichen. 
Wenn nun die Ergebnisse der Untersuchung zusammen 
gefasst werden sollen, so lauten sie: 
1. Die sogenannte mitteldeutsche Recension gewährt nur 
den ältesten hochdeutschen Text. Der niederrheinische und 
vielleicht weiterhin der mnl. ist bis jetzt verloren. 
2. Aus der mitteldeutschen Recension hat sich entwickelt 
eine gemein mhd., die weder neue Stücke einschiebt noch be 
deutende auslässt, sondern blos Vers und Reim nach höfischer 
Weise zu regeln sucht. 
3. Weiter giengen die beiden andern Recensionen, von 
denen die eine das Werk Philipps durch das Evangelium 
Nicodemi umgestaltet, die andere durch die eingefügte Ueber- 
setzung der E v a n g e 1 i e n eb enso Philipps Werk als Marien 
leben zerstört. Beide Umwandlungen waren bereits um die 
Mitte des XIV. Jahrhunderts vollendete Thatsachen. Auch 
diesen liegt die mitteldeutsche Recension zu Grunde und die 
Einschübe rühren von mitteldeutschen Dichtern her. 
4. Durch Kürzungen das Werk Philipps lesbarer zu 
machen, sucht die ebenfalls auf die mitteldeutsche Recension 
zurückführende der Gothaer und Wiener Hs. 2736. 
Bei dieser Sachlage treten die beiden niederdeutschen 
Hss. (die Helmstädt-Wolfenbiittler und die Kiuderlingische) als 
wichtiger hervor, denn man bisher geglaubt hat. (Oesterley 
Niederdeutsche Dichtung im Mittelalter, Dresden 1871, S. 11, 
12.) Hier in Wien lässt sich aus dem wenigen gedruckten 
Bruchstücken dieser Recension nicht untersuchen, ob dieselbe aus 
der sogenannten mitteldeutschen oder niederrheinischen geflossen 
oder die Mutter der übrigen ist. Ich hoffe, dass sich bald Jemand 
finden wird, der sich die Mühe nicht reuen lässt, einen gründ 
lichen Nachweis für die eine oder die andere Quelle zu liefern.
	        
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