Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 66. Band, (Jahrgang 1870)

Die Vocalsteig-erung - der indogermanischen Sprachen. 
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Wir können füglich auch zugeben, dass ot und ou den altindi 
schen di und du parallel gehen, wir können aber nie zugestehen, 
dass sie mit denselben identisch sind, welche Erklärung man thun 
muss, wenn man ot und ou als zweite Steigerungen von i und u 
betrachtet. Beide sind Producte der betreffenden Sprachen nach 
ihrer Besonderung , sie haben aber in der indogermanischen Ur 
sprache keine Wurzel. 
IV. Genau dasselbe Verhältniss wie das Griechische bieten auch 
andere indogermanische Sprachen, wie das ans Griechische sich eng 
anschliessende Latein und das Gotische dar. 
Im Latein spaltet sich der Vocal a in die Verkürzung e, in den 
regelrechten Vertreter a und in die stärkste Form desselben o. 
Diese Verhältnisse werden auch in die Steigerungen, in welchen a 
das erste Element bildet, übertragen. Daher erscheinen ei (später zu 
i oder e zusammengezogen), ai (zpäter zu ae geworden) und oi 
(später zu oe und zuletzt zu u geworden) als Vertreter des altindo 
germanischen ai, und eu (später zu u geworden), au (später zu 6 
geworden) und ou (später zu ü geworden) als Vertreter des altindo 
germanischen au. 
Davon sind wieder, wie im Griechischen, oi (ü) und ou (ü) 
stärker als ei (i, ej, ai (ae) und eu (u), au (6), ohne jedoch 
stricte diesen gegenüber als zweite Steigerungen des i und u gelten 
zu können, da sie mit ihnen zugleich aus einer Quelle auf specifisch 
gräco-italischem Boden durch Vocaldifferenzirung sich entwickelt 
haben. 
Das Gotische stellt dem altindischen a entweder a oder die 
beiden aus ihm hervorgegangeuen Schwächungen i, u (welche den 
lateinischen i, u parallel geben und um eine Stufe tiefer liegen als 
die griechischen i, o) entgegen. In Betreff der Steigerung des a beob 
achtet das Gotische dasselbe Verfahren wie das Altindische, indem 
es bald a, bald d (im Gotischen als e, ö auftretend) dafür eintreten 
lässt. Parallel dem a = a, i gehen die Steigerungen von i und u, d. h. 
ai = ei und ai und au = iu und au. ei steht in Betreff seines ersten 
Elementes um eine Stufe höher als i, ein Beweis, dass dieses durch 
e = altgriech. s, latein. e hindurchgegangen ist; iu dagegen steht 
mit i im besten Einklänge. Auch im Gotischen gelten nun ai, au üir 
stärker als ei, iu, ohne aber etwa zweite Steigerungen der Laute i, u 
zu sein, da sie ja mit ei, iu gleichzeitig aus einer Quelle geflossen sind.
	        
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