Laurentii Vallae opuscula tria. II.
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Nachdem nämlich Georgius a. a. 0. die erwähnte Notiz über Horatius
Romanus Homerübersetzung aus Aeneas Sylvius’ Europa angeführt,
fügt er hinzu, dass in der Vaticanischen Handschrift 2736 von einem
Theile des ersten Buches der Ilias eine metrische Übersetzung sich
finde, die mit den Worten beginne:
Ir am pande mihi Pelidae diva superbi
Tristia qui miseris iniecit funera Grans
und schliesse: Tu quoque fave cursu vatis iam Phoebe peracto, und
dass dieser Übersetzung eine im elegischen Mass geschriebene
Widmung an Pabst Nicolaus vorausgeschickt sei, deren Verfasser
sich indessen nicht nenne. Hiernach berichten denn Zeno und
Tiraboschi ohne den mindesten Scrupel, dass in jener Vaticanischen
Handschrift die Übersetzung der Ilias (oder eines Theiles derselben)
von dem genannten Horatius Romanus enthalten sei, und Voigt, der
dieselbe Fabel wieder vorbringt, meint doch 'mit mehr Wahr
scheinlichkeit’ die Vermuthung aussprechen zu dürfen, dass der Ver
fasser 'jenes vaticanischen Fragments’ kein anderer als 'Carlo
d’Arezzo’ sei. Und doch hätten ihn wenigstens die von Georgius
mitgetheilten Anfangs- und Schlussverse der vermeintlichen Über
setzung aufmerksam machen können, dass es sich hier gar nicht um
eine im XV. Jahrhundert gemachte Iliasübersetzung, sondern um den
bekannten metrischen Auszug der Ilias von dem sogenannten Pindarus
Thebanus handelt, den Kenner in das erste Jahrhundert n. Chr.
setzen. Dazu kommt, dass die von Georgius im Anhang seines
Buches p. 210 abgedruckte Widmung an Pabst Nicolaus das wahre
Sachverhältniss mit nur irgend wünschbarer Deutlichkeit bezeichnet.
Ad Nicolaum V.
Rex regum patrumque pater, Nicolae. sacrorum,
Magna urbes ~ <) magnis efficienda viris.
At bene iussisti minimo mihi tempnris huius,
Vatis nt inspicerem carmina Maeonii.
5 Sed quid Maeonii? Cornu tonal iste latino,
Dam Phryges ac Graecos cogit in arma daces.
~ l ) Soll wohl urgues heissen. An mehren Stellen ist in dem Abdruck des
Georgius die Interpunction ganz verkehrt und den Sinn verderbend ange
bracht, wie namentlich v. 5 und v. 13, wo der Herausgeber an den
Lucrctius Carus nicht gedacht zu haben scheint.