Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 61. Band, (Jahrgang 1869)

Laurentii Vallae opuscula tria. 1. 
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Die Perle Demosthenisclier Beredsamkeit, die Rede vom Kranz, 
hatte schon im Alterthum den Cicero zu einer lateinischen Nachbildung 
gereizt, indem er, gleichsam als Ergänzung seiner im Orator nieder 
gelegten Theorie, an dieser und Aeschines' Gegenrede seinen Zeit 
genossen ein Muster des ächten attischen Stiles darbieten wollte. 
Doch hat sich von Cicero’s Übersetzung ausser der Vorrede (de 
optimo geilere oratorum) nichts erhalten. 
Im Anfang des XV. Jahrhunderts aber hatte Leonardo Bruni 
neben einer Reihe anderer Reden des Demosthenes auch diese von 
neuem ins Lateinische übertragen 10 ). 
Diese Umstände hätten andere von einem nochmaligen Versuche 
eher abgeschreckt. Für Valla lag gerade ein besonderer Reiz darin, 
an dieser schon im Alterthum und wieder von einem gefeierten Hu 
manisten übertragenen Rede von neuem seine Kraft zu erproben und 
so gleichsam den doppelten Wettstreit mit dem griechischen Redner 
und seinem lateinischen Nachbildner zu bestehen. Denn gälte es blos 
zu übersetzen, so, meinte er, sei die Aufgabe weder so schwierig 
noch so verdienstlich, wie manche glaubten, deren Schriftstellerruf 
fast einzig auf Nachbildungen antiker Litteratur gegründet war. 
Komme ja doch das meiste von dem, was in Übertragungen Lob 
verdiene, auf Rechnung des Originals, während dem Übersetzer 
nichts bleibe als das Verdienst der Sprache. Im vorliegenden Falle 
aber wuchsen die Schwierigkeiten mit den gesteigerten Ansprüchen, 
welche man an eine zweite Übersetzung desselben Originals zu machen 
berechtigt war, zumal Valla selbst die Vergleichung herausforderte. 
Denn nicht weil Bruni’s Übersetzung mangelhaft sei, trachte er sie 
zu überbieten, sondern im Gegentheil, weil sie gelungen, wolle er 
darthun, dass das, was jener gut gegeben, nicht minder gut in 
anderer Weise sich sagen lasse, und statt auf wortgetreue Wieder 
gabe des griechischen Originals sich zu beschränken, bezwecke er 
eine auch an sieb durch die Vorzüge lateinischer Beredsamkeit an- 
Übersetzung eine Probe zur Vergleichung darzubieten: da mir keiner der 
Drucke derselben, deren ich mehrere erwähnt finde, zugänglich gewesen, 
so habe ich den betreffenden Abschnitt nach der Wiener Handschrift 3188 
unter Vergleichung des nur ein kleines Stück des Anfangs enthaltenden 
Wiener Codex 3121 (über welche beide näheres in dem genannten Excurs) 
redigiert. 
10 ) Siehe den fünften Excurs. 
Sitzb. d. phil.-hist. CI. LSI. Bd. 1. Hft. 
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