Beiträge zu Aristoteles Poetik.
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Beiträge zu Aristoteles Poetik.
Von dem w. M. J. V all len.
IV.
(Vgl. Juniheft 1868 Bd. L S. 268, Jännerheft 1866 Bd. L 1 ' S. 89, Juniheft
1867 Bd. LVI S. 213.)
Nachdem die Theorie der beiden durch den gemeinsamen
Kunststil des ortovoaiov zusammengehaltenen Dichtgattungen abge
schlossen, fügt Aristoteles cap. 25 noch einen besonderen Abschnitt
an, welcher sich mit Einwürfen gegen Dichtungen und Dichterstel
len und deren Widerlegungen befasst. Dass ein solcher in der Poetik
einen Platz gefunden, darf nicht auffallen, da ja die Poetik nicht blos
den Dichter anweisen will, wie er bei seinen Darstellungen zu ver
fahren habe, sondern auch, wie die Theorie selbst an der Betrach
tung und Prüfung der vorhandenen Muster erwachsen, die richtige
Beurtheilung der Diehterwerke zu lehren hat. Überdies ist bekannt,
dass von den Sophisten her die Griechen immer eine beson
dere Liebhaberei daran gefunden, über andere Dichter und insbe
sondere den Homer Fragen aufzuwerfen und Zweifel anzuregen und
in einer zweckmässigen Lösung derselben zu wetteifern. Hatte doch
Aristoteles selbst in einer besonderen Schrift, die man mit Unrecht
seinem Namen entzieht, dnopr^atu oder xpoß'\r,p.a.Ta. 'Opjfixct zu
sammengestellt, die sowohl im ganzen Charakter der Behandlung als
auch in manchen Einzelheiten mit den in die Poetik aufgenommenen
npoßlr/ixara. im besten Einklang stehen. Letztere, die sich, in nicht
ganz gleichem Verhältniss, auf Tragödie und Epos beziehen, konnten
einen angemessenem Platz als hier nach Abschluss der Lehre von
beiden nicht finden: zur Theorie seihst gehören sie streng genom
men nicht mehr, aber sie fussen auf Grundsätzen, welche in der
Theorie niedergelegt sind, und werden durch die praktische Anwen
dung derselben auf die Beurtheilung von Einzelstellen von dieser