Full text: Sitzungsberichte / Akademie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Klasse Sitzungsberichte der Philosophisch-Historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, Wien, 41. Band, (Jahrgang 1863)

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E. Brücke 
lassen, erstens weil ich, wie dies aus einer Vergleichung meiner 
Grundzüge mit dem Kadmus ersichtlich sein wird, mit dem ehrwür 
digen Verfasser nicht in allen Punkten einverstanden hin, und zwei 
tens, weil ich sicher weiss, dass sich die Linguisten nicht mit dem 
Zeichensystem, welches ihnen der Kadmus bietet, begnügen werden. 
Es reicht in der That nicht hin, um Unterschiede zu bezeichnen, die 
sie nicht aufgeben können, weil sie von den sprechenden Völkern 
selbst aufs Strengste gewahrt werden. 
Man wird vielleicht fragen, warum ich nicht die weiteren Erfolge 
des im Jahre 1855 von Lepsius aufgestellten Systems abwarte, 
von dem, wie verlautet, der berühmte Gelehrte eine neue verbes 
serte Auflage ausarbeitet. Die Antwort darauf ist einfach: Das System 
von Lepsius dient anderen Zwecken als das meine, und wenn es für 
diejenigen Zwecke angewendet wird, für welche ich arbeite, so stif 
tet es mehr Schaden als Nutzen. Das System von Lepsius ist kein 
solches, mit dem man die Aussprache bezeichnen kann, es ist über 
haupt keine phonetische Schreibeweise, sondern nur ein System der 
Schriftvertauschung. 
Es mag dies hier nur an einem Beispiele erörtert werden. 
Das Persische ist eine Sprache, welche der phonetischen Trans 
scription im Verhältniss zu mancher anderen nur geringe Schwie 
rigkeiten entgegensetzt, und doch werden wenige Bemerkungen 
zeigen, welche Entstellungen es erleiden würde, wenn man es nach 
dem System von Lepsius transscribiren und dann so lesen wollte, 
dass man jedem Zeichen den Lautwerth gibt, welchen Lepsius ihm 
zuschreibt *)• Lepsius gibt zunächst den Zeichen, welche er für 
u und A substituirt, den Laut von hartem (tonlosen) und weichem 
(tönenden) th der Engländer. Hierdurch führt er Laute ein, die 
dem persischen Munde so fremd sind , wie dem deutschen oder 
französischen, und die, wo sie aus ihm hervorgehen, mühsam ange 
lernt wurden in dem Bestreben einem fremden Idiom, dem arabischen, 
*) Wenn ich es wage, hier etwas über die Orthoepie des Persischen zu sagen, so mag 
man mir dies desshalh verzeihen, weil auf einem so beschränkten Gebiete die Treir- 
üchkeit des Lehrers wohl den Mangel an Erudition beim Schüler aufwiegen kann. In 
der That habe ich aus der besten Quelle geschöpft, indem Herr Dr. Polak , der 
langjährige Leibarzt des Schah von Persien, die aufopfernde Freundlichkeit hatte 
sich durch eine Reihe von Stunden mit mir zu beschäftigen.
	        
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